Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Ich bin ein Fan von Hillary Clinton“

Die amerikanis­che Schauspiel­erin Ellen Burstyn über starke Frauen und das Hoffen auf schlaue Wähler

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MÜNCHEN (dpa) - Modern, selbstbewu­sst und kämpferisc­h: Ellen Burstyn weiß, was sie will. Besonders am Herzen liegen der 83-jährigen Schauspiel­erin die Rechte der Frauen. Im Interview mit Cordula Dieckmann erzählt sie warum. Sie wurde 1932 als Edna Rae Gilhooley in Detroit geboren. Bekannt ist sie aus Filmen wie William Friedkins „Der Exorzist“oder „Die letzte Vorstellun­g“von Peter Bogdanovic­h. Für „Alice lebt hier nicht mehr“unter Regie von Martin Scorsese bekam sie den Oscar. Das Filmfest München ehrte Burstyn im Juni mit dem CineMerit Award für ihr Lebenswerk.

Eine Ihrer berühmtest­en Rollen ist die der Alice in „Alice lebt hier nicht mehr“, für die Sie einen Oscar erhielten. Wie kam Alice zu Ihnen?

Ich habe „Der Exorzist“gedreht. John Calley, der Chef von Warner Brothers, sah sich immer das gedrehte Material des Tages an. Er rief meinen Agenten an und sagte, wir wollen einen weiteren Film mit ihr machen. Sie schickten mir alle Drehbücher mit Frauenroll­en, die sie hatten. Aber die waren alle altmodisch.

Inwiefern?

Wir waren mitten in einer Frauenbewe­gung und waren dabei, aufzuwache­n: Wir sind Menschen, wir haben unser eigenes Leben, wir sind nicht nur Ehefrauen, Töchter und Mütter. Ich suchte deshalb nach einem Buch, dass das Leben von Frauen abbildete, wie ich es um mich herum und auch bei mir selbst sah. Ich fand das „Alice“-Drehbuch, brachte es Warner Brothers und sie kauften es. Sie fragten mich, ob ich Regie führen wollte. Aber ich sagte, ich will nicht inszeniere­n und gleichzeit­ig schauspiel­ern. (…) Ich sagte, ich will jemand Neuen und Aufregende­n. Ich rief (Francis Ford) Coppola an und fragte, wer ist neu und aufregend? Und er sagte, sieh dir den Film „Mean Streets“(„Hexenkesse­l“) an.

Von Martin Scorsese.

Ich sah mir den Film an, fand ihn toll und traf mich mit Scorsese in Calleys Büro. Ich sagte „Ich mag ihren Film, aber es gibt darin nur eine Frau. Ich kann nicht beurteilen, ob Sie etwas von Frauen verstehen. Ich möchte, dass diese Geschichte aus der Sicht einer Frau erzählt wird.“Ich fragte ihn „Wissen Sie etwas von Frauen?“Und er sagte „Nein, aber ich würde es gerne lernen.“Das war die beste Antwort, die er geben konnte. Also arbeiteten wir zusammen, und ich habe die richtige Wahl getroffen, offensicht­lich.

Nicht nur in Alice, auch in anderen Filmen haben Sie oft starke Mutterroll­en gespielt. Wie würden Sie die Situation der Frauen in Hollywood beschreibe­n?

Als wir Alice gedreht haben, war es der erste Film, der aus Sicht einer Frau gedreht wurde. Andere folgten, wenn auch nicht so viele, wie wir es gerne hätten, und nicht so viele wie aus der Sicht von Männern. Aber es gibt einen Fortschrit­t. Eine Frau hat einen Oscar als Regisseuri­n gewonnen, das ist eine große Sache. Aber wir dürfen erst seit rund 100 Jahren in Amerika wählen. Die Patriarche­n geben eben nicht leicht auf. Sie müssen weiter ermutigt werden, die Zügel der Macht abzugeben. Der Anteil an Männern verglichen mit dem Anteil an Frauen in der Filmindust­rie ist beschämend.

Könnte dieses Patriarcha­t durch Politiker wie Donald Trump wieder stärker werden?

Ich glaube, es wird eher besser, weil er so ein armseliges Beispiel eines Mannes abgibt.

Sie spielen in „House of Cards“mit. Ihr Schwiegers­ohn Frank Underwood treibt in der Serie als US-Präsident seine Machtspiel­chen, und unfassbare Intrigen werden gesponnen. Was ist zur Zeit verrückter, die Fiktion oder die Wirklichke­it?

Es ist so bizarr, was in der Realität passiert, dass nichts, was in „House of Cards“vorkommt, unmöglich erscheint. Ich dachte öfter, sie würden es in der Serie übertreibe­n. Aber sie haben mir geantworte­t: Jedes Mal, wenn wir dachten, wir würden zu weit gehen, hat uns die Wirklichke­it noch übertroffe­n. Die Situation, die wir gerade mit Trumps Wahlkampag­ne haben, übertrifft alles, was ich je gesehen habe. Ich glaube nicht, dass er gewinnt, auf gar keinen Fall. Ich glaube nicht, dass die Mehrheit der amerikanis­chen Wähler dumm genug ist, ihn zu wählen.

Halten Sie es mit der Demokratin Hillary Clinton?

Sie ist eine großartige Kandidatin, egal was über sie gesagt wird. Es ist wirklich an der Zeit, dass wir endlich eine Frau bekommen. Es ist beschämend, dass wir so lange gebraucht haben, um überhaupt eine Frau als Kandidatin zu nominieren.

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FOTO: DPA Ellen Burstyn bei einer Preisverle­ihung in München.

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