Aufnahme Marias in den Himmel als Zeichen christlicher Hoffnung
itten im August ist in Bayern, in Österreich und in der Schweiz ein gesetzlicher Feiertag. In den gängigen Kalendern steht als Grund des Feierns: „Mariä Himmelfahrt“. Diese volkstümliche Benennung entsprach allerdings noch nie dem Titel des kirchlichen Fests, welches „Aufnahme Marias in den Himmel“heißt.
In Baden-Württemberg ist ein gewöhnlicher Arbeitstag. Wer am 15. August trotzdem Zeit für einen Ausflug hat, aber in Baden-Württemberg bleiben und zugleich sehen möchte, was Christen an diesem Tag eigentlich feiern, könnte nach Konstanz fahren. Im dortigen Münster, das immerhin jahrhundertelang die Bischofskirche auch des westlichen Allgäus war, finden sich im Querhaus gleich zwei bildliche Darstellungen zum Thema „der Tod Mariens“: im südlichen Querschiff als Altarbild von Johann Rieger aus dem 17. Jahrhundert; im nördlichen Querschiff im gotischen Nischengrab des Konstanzer Domherrn Franz von Richtenberg eine sehenswerte mittelalterliche Skulpturengruppe, die ebenfalls den „Tod Mariens“darstellt: die sterbende Mutter Jesu, umgeben von den Aposteln (siehe Bild unten).
In der Bibel ist über den Tod der Mutter Jesu nichts überliefert. Noch im Jahr 374 schrieb Epiphanios von Salamis in seinem ‚Panarion‘ über den Tod Marias: „Ihr Ende aber kennt niemand.“Ein Jahrhundert später gab es freilich in Jerusalem schon das Fest der „Dormitio“, der Entschlafung Marias, das im 6. Jahrhundert die ganze Ostkirche beging, und das seit dem 8. Jahrhundert auch im Westen als Fest der „Aufnahme Marias in den Himmel“gefeiert wurde. Im katholischen Messbuch heißt der 15. August bis heute so.
Die beiden Bildwerke im Konstanzer Münster stellen also den Ursprung des Fests dar: dass Maria ganz gewöhnlich gestorben ist und nicht, wie der genannte Epiphanios nach dem Motto „Genaues weiß man nicht …“spekulierte, vielleicht auch getötet worden sein könnte oder womöglich immer noch am Leben sei. Den gewöhnlichen Tod Marias mit einem eigenen Fest zu begehen, trat also durchaus gewissen Fantastereien entgegen. Maria als „Frau aus dem Volke“, als eine „aus unseren Reihen“zu sehen und darzustellen, ist ja auch die Absicht zeitgenössischer Lieder und Gebetstexte, wie man sie etwa im katholischen Gesangbuch, dem „Gotteslob“findet.
Dass eine Frau „aus unseren Reihen“eines natürlichen Todes gestorben ist, wäre jedoch kaum ein Grund für einen Feiertag. Den wahren Grund, die Aufnahme Marias in den Himmel, die mit ihrem Tod geschah, kennt der christliche Glaube so, wie er in der Bibel steht: „Aus Gnade seid ihr gerettet. Gott hat uns mit Jesus Christus auferweckt und uns zusammen mit ihm einen Platz im Himmel gegeben“(Eph 2,5f.) Wir Christen glauben das ja für uns selbst und für andere Menschen, und das lässt uns froh und gelassen und nicht zuletzt auf das hin leben, worauf es einmal im Himmel ankommt. Was hat das mit Maria zu tun? In einem Kirchenlied aus dem 19. Jahrhundert heißt es: „Maria aufgenommen ist … Ihr Sohn, der Tod und Grab besiegt, der lässt im Tod die Mutter nicht.“Das Gegenteil anzunehmen, wäre dann ja auch wirklich seltsam. Es als Zeichen christlicher Hoffnung zu feiern, dass unser Leben keinen Zweck, sondern einen Sinn und ein Ziel hat, ist vielleicht doch einen zweckfreien Tag wert, einen Feiertag.
Ich wünsche Ihnen einen schönen 15. August, ob Feiertag oder Arbeitstag, und dass wir über ihn und unser Leben sagen können, wie Maria sagte: „Der Mächtigen hat Großes an mir getan!“
Pfarrer Claus Blessing, Wangen