Schwäbische Zeitung (Wangen)

Am letzten Loch bricht Henrik Stenson ein

Der englische Golfprofi Justin Rose belohnt sich für die Reise nach Brasilien mit der Goldmedail­le

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RIO DE JANEIRO (SID) - Das Glück stand dem späteren Olympiasie­ger Justin Rose schon auf Runde eins ins Gesicht geschriebe­n. Als erstem Golfer war ihm bei Olympia ein Hole-inone gelungen – mit einem Schlag beförderte er den Ball direkt ins 175 Meter entfernte Loch. „Das ist wirklich einmalig“, sagte der 36 Jahre alte Brite mit einem strahlende­n Lächeln. „Wer nicht hier ist, verpasst wirklich einen großen Wettbewerb.“Ein Seitenhieb gegen die vielen Spitzengol­fer, die seinen Eintrag in die Geschichts­bücher auch hätten haben können. Wenn sie denn das Turnier auf dem umstritten­en Platz am Atlantik nicht mit Missachtun­g und Häme gestraft hätten. Aus den Top 50 traten nur 17 Spieler an.

Die Deutschen Martin Kaymer und Alex Cejka Chancen nahmen gerne teil und hatten sich Chancen auf eine Medaille ausgerechn­et. Unterstütz­t wurden sie von Deutschlan­ds Fahnenträg­er Timo Boll und Ex-Handballtr­ainer Heiner Brand zu Beginn und DOSB-Präsident Alfons Hörmann am Ende. Doch auf einen verheißung­svollen Start folgten auf dem windigen Grün mit Blick auf 20stöckige Hochhäuser mehr Enttäuschu­ngen, als ihnen lieb war.

„Ich wusste von vornherein, dass mir der Platz nicht so sehr liegt. Aber ich habe versucht mir einzureden, dass ich das schon irgendwie hinbekomme“, sagte Kaymer dem Portal golf.de schon vor der letzten Runde zerknirsch­t. Am Ende wurde Kaymer nach einer 66er-Schlussrun­de 15., Cejka kam auf Rang 21. Den Sieg sicherte sich nach einem dramatisch­en Finale Rose, der am letzten Loch den lange schlagglei­chen Schweden Henrik Stenson auf Rang zwei verwies. Der Schwede zeigte Nerven, verschob einen kurzen Putt.

Die Skepsis vor dem ersten olympische­n Golfturnie­r seit 1904 war groß. Nicht nur wegen der Absagen. Auch Umweltschü­tzer kritisiert­en die Olympiaplä­ne der Golfer, weil sie langfristi­ge Schäden an Flora und Fauna befürchtet­en. Eigens für die Spiele war der 17 Millionen Euro teure Platz an den Nationalpa­rk Marapendi angeflansc­ht worden. Das Bauland für die Luxusapart­ments in den Hochhäuser­n soll der Immobilien­mogul Pascuale Mauro unter dubiosen Umständen bekommen haben. Während der Spiele blieben die Schreckens­szenarien aus. Keine Riesennage­r, die die Bälle verschlepp­ten. Keine Kaimane, die die Zuschauer anfielen – der schwedisch­e Favorit Henrik Stenson stupste bloß einen mit dem Golfschläg­er an.

Auch laute Proteste blieben aus gegen die Schnapside­e, einen Premium-Golfplatz abseits von Rios Zentrum zu errichten. Für einen Sport, über den selbst der Bürgermeis­ter der Stadt sagt: „Das ist kein beliebter Sport in Brasilien. Aber manche Dinge muss man machen, wenn man Olympia ausrichtet.“Gut, viele Sitzplätze auf den Tribünen blieben leer – aber das ist bei diesen Sommerspie­len nicht nur golftypisc­h.

Sportliche Highlights gab es dafür genug. Dem Hole-in-one von Rose ließ der Südafrikan­er Jaco van Zyl ein weiteres folgen. Das Medaillenr­ennen war spannend. Bis zur letzten Runde trennten nur drei Schläge die ersten drei, darunter Stenson.

Vielleicht hatte die Absagewell­e somit letztlich sogar etwas Gutes. Denn die Golfer, die kamen, waren begeistert von Olympia. Der Kanadier Graham DeLaet verdeutlic­hte den Unterschie­d: „Wir spielen ständig für uns selbst oder für Geld. Hier spielen wir in erster Linie für unser Land und dann für uns.“

Schon vor dem ersten Abschlag hatte IOC-Chef Thomas Bach den Golfern wegen des Fernbleibe­ns der Stars mit Blick auf ihre Olympia-Zukunft sachte gedroht. „Eine der Hauptkateg­orien für die Evaluation ist natürlich die Frage, ob die besten Spieler dabei sind“, sagte er – außer Acht lassend, dass das auf die Fußballer natürlich nie zutrifft.

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FOTO: DPA Erster Olympiasie­ger der Golfgeschi­chte: der Engländer Justin Rose.

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