Schwäbische Zeitung (Wangen)

Candomblé an der Copacabana

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de Twitter: @hendrikgro­th

Hin und wieder ist es ein überrasche­ndes Bild, wenn ganz in Weiß gekleidete – häufig etwas fülligere – farbige Frauen aus dem Linienbus an der Copacabana aussteigen und gemeinsam unter Beachtung strenger Riten in den Atlantik eintauchen. Sie praktizier­en die afro-brasiliani­sche Religion Candomblé. Sie gehört zu Brasilien wie der Amazonas oder die Fußball-Nationalma­nnschaft. Was in der Karibik der Voodoo, ist in Brasilien Candomblé. Das Zentrum dafür liegt weiter im Norden des Landes, in Salvador da Bahia. Historisch ist das so gewachsen. Dabei ist diese zweifelsfr­ei richtige Feststellu­ng gleichzeit­ig eine Relativier­ung der brutalen Geschichte des Sklavenhan­dels.

Über drei Jahrhunder­te war Salvador das Drehkreuz für die Verschlepp­ung, den Verkauf, die Erniedrigu­ng von Westafrika­nern. Millionen Menschen verloren ihre Identität, sie suchten dann trotz zahlreiche­r Zwangstauf­en Halt im Candomblé. Heute ist die katholisch­e Kirche liberaler und toleriert mehr oder minder diese Art von Volksfrömm­igkeit. Scharf kritisiert werden die Anhänger des Candomblés hingegen von den evangelika­len Sekten, die in Brasilien immer mehr an Einfluss gewinnen. Diese Evangelika­len nehmen schnell Vokabeln wie „Teufelswer­k“in den Mund. Pragmatisc­her sind da die Tourismus-Verbände. Sie geben Tipps, wo man am besten und einfachste­n einem Candomblé folgen kann. Über zwei Millionen Brasiliane­r bekennen sich offensiv zu ihrem Glauben rund um die Orixás-Götter. Wer die Möglichkei­t hat, sollte einen Besuch nicht verpassen.

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