Das Ende der Revolutionäre
Parolen gab es viele auf Kuba. „Sozialismus oder Tod“etwa. Oder auch jene, mit der Raúl Castro die Rede beendete, mit der er seinen Landsleuten den Tod seines großen Bruders Fidel verkündete: „Hasta la victoria, siempre!“Immer weiter – bis zum Sieg. Doch daraus wird nichts mehr werden. Der Sozialismus als Staatsideologie war schon lange vor dem Ableben des „Máximo Líder“passé. In Nordkorea dient der Kommunismus als Deckmäntelchen für die Machtfantasien eines wirren Diktators, in China konzentriert sich die KP auf Gewinnmaximierung bei gleichzeitiger Beibehaltung all jener Kontrollmechanismen, die den Menschen ihre Rechte rauben.
Dennoch ist der Tod Fidel Castros eine Zäsur. Castro war der letzte jener lateinamerikanischen Guerilleros, die mit ihrer Idee eines bäuerlichen Kommunismus ab der Mitte des vergangenen Jahrhunderts dem Volk Gerechtigkeit und Freiheit schenken wollten. Männer und Frauen, die mit Gewehren und Macheten in der Hand den korrupten Eliten und ihren willfährigen Diktatoren den Garaus machen wollten. Einige von ihnen sind durchgekommen.
So weit, so überzeugend. Doch was aus den gut gemeinten Revolutionen wurde, waren zumeist Diktaturen. Das Paradebeispiel ist Nicaragua, wo noch heute Daniel Ortega am Ruder ist. Ein Mann, der keinen Deut besser ist als jene, die er einst als Sandinist bekämpft hat. Auch die Kubaner flohen in Scharen vor dem Regime, das Konterrevolutionäre verfolgte, inhaftierte und tötete.
Beim Charismatiker Castro war die Wandlung vom Gut- zum Machtmenschen weniger offensichtlich. Sogar Päpste sprachen mit dem „Máximo Líder“. Viele erlagen seinem Charme, darunter auch Wirtschaftsführer. Revolutionsromantikern galt noch der Greis im AdidasTrainingsanzug als integer. „Die Geschichte“, sagte der junge Revolutionär 1953, „wird mich freisprechen.“Dabei ist Geschichte stets eine Frage der Perspektive: Für viele in der Ferne stirbt mit Fidel Castro ein Traum. Für jene, die unter seinem Regime gelitten haben, endet ein Alptraum. Zweitere sind eindeutig wichtiger.