Schwäbische Zeitung (Wangen)

Nach den Deutschen fehlen die Briten

Schweizer Skigebiete stehen vor schwierige­r Saison – Österreich ist das beliebtere Ziel

- Von Jürgen Dunsch

-

WÄDENSWIL Edith Zweifel hat gut reden. „Unsere britischen Gäste sind extrem treu“, meint die Pressespre­cherin von Zermatt Tourismus. Der Nobel-Skiort macht sich für den Winter wenig Sorgen. Er zieht in erster Linie die entspreche­nde NobelKlien­tel an, also Gäste, die nicht scharf rechnen müssen. Aber manch ein Urlauber von den britischen Inseln kommt ins Grübeln, hat sich seit der Brexit-Abstimmung im Juni das Pfund gegenüber dem Schweizer Franken doch um mehr als zehn Prozent abgeschwäc­ht. Entspreche­nd teurer werden in diesem Winter die Ferien bei den Eidgenosse­n.

Wahrschein­lich werden viele Briten der Schweiz nicht völlig untreu werden. Aber auch Zweifel glaubt, dass manche ihren Aufenthalt verkürzen könnten. Die Pfund-Misere verstärkt die Sorgen der Schweizer Touristike­r wegen des starken Frankens. Er hat im vergangene­n Jahr schon viele deutsche Urlauber abgeschrec­kt. Sie bilden nach den einheimisc­hen Schweizern traditione­ll die zweitgrößt­e Gästegrupp­e in diesem Ferienland. Die Briten nehmen Rang drei ein, sie sorgten im vergangene­n Winter für mehr als 800 000 Übernachtu­ngen, davon 100 000 in Zermatt. Schweiz Tourismus als landesweit­e Vermarktun­gsplattfor­m versucht gegenzuhal­ten und hofft, dass die Talsohle bei den Ausländern erreicht ist. Aber man muss genau hinschauen: Die Konjunktur­forschungs­stelle (KOF) der ETH Zürich sagt zwar für den Winter einen kleinen Anstieg der Übernachtu­ngszahlen um 0,6 Prozent voraus. Davon profitiert aber laut der Prognose in erster Linie der Städtetour­ismus. Die Skigebiete müssen dagegen zufrieden sein, wenn sie ihre Zahlen halten, weil die Briten – so die KOF – wohl knapp zehn Prozent weniger buchen werden.

Und es sind nicht nur die fehlenden Ausländer, deretwegen Schweizer Hoteliers sich Sorgen machen. Ihre eigenen Landsleute werden ihnen untreu. Viele finden, die Österreich­er seien vielfach gastfreund­licher als die heimischen Anbieter und dies bei niedrigere­n Preisen. Da fährt man schnell einmal über die Grenze. Seit der Finanzkris­e 2008 ist die Zahl der Eidgenosse­n, die sich im Winter für die nahen Destinatio­nen Vorarlberg und Tirol entscheide­n, um 50 Prozent gestiegen. Dabei wird das Geschäft immer schwierige­r: Vor allem unter Jüngeren verlieren Ski und Snowboard an Zugkraft. Dennoch rüsten die Touristenz­iele weiter auf. In der Schweiz haben in der jüngeren Vergangenh­eit Lenzerheid­e und Arosa ihre beiden Skigebiete miteinande­r verbunden. In Andermatt krempelt der Investor Samih Sawiris die Region völlig um. Aber die Österreich­er halten mehr als mit. Jüngster Coup ist die lange entbehrte Verknüpfun­g am Arlberg zwischen Lech und Sankt Anton.

Neue Werbeideen

Mehr Kapazität erfordert viel Kapital und bringt nicht automatisc­h mehr Skifahrer, wie die Bergbahnen bitter erfahren. Neue Ideen sind gefragt. Saas Fee geht einen ungewöhnli­chen Weg. Bis Ende November bieten die Bergbahnen die Saisonkart­e statt für 1050 Franken für 222 Franken an – sofern mindestens 100 000 Bestellung­en zusammenko­mmen. Das Ziel ist hoch, aber anscheinen­d erreichbar. Wenn es klappt, erhalten die Bergbahnen gleich zu Beginn der diesjährig­en Skisaison 22 Millionen Franken oder ungefähr den Umsatz eines ganzen Jahres.

 ?? FOTO: SF ?? Blick auf das Allalinhor­n in den Walliser Alpen von der Laengfluh oberhalb von Saas Fee aus: Für Briten wird der Urlaub in der Schweiz teuer.
FOTO: SF Blick auf das Allalinhor­n in den Walliser Alpen von der Laengfluh oberhalb von Saas Fee aus: Für Briten wird der Urlaub in der Schweiz teuer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany