Ein Startenor mit Bodenhaftung
Klaus Florian Vogt und das Stadtorchester Friedrichshafen in einem schwungvollen Konzert
FRIEDRICHSHAFEN – Solange die Stimmbänder keinen Schaden nehmen, ist ja alles gut: Klaus Florian Vogt hatte sich beim Sport einen Bänderriss zugezogen und kam mit Krücke und Beinschiene auf die Bühne des Graf-Zeppelin-Hauses. Der helle Glanz seines Tenors, seine Ausstrahlung, seine Verbundenheit mit Dirigent, Orchester und Publikum waren ungebrochen. Leider blieben viele Plätze leer: Die Freunde von Oper und schönen Stimmen hatten wohl Scheu vor dem Blasorchester, die Bläserfreunde vor der Opernstimme. Begeistert aber waren letztlich alle.
Das Stadtorchester Friedrichshafen hatte den Holsteiner Tenor Vogt, der seine Musikerlaufbahn selbst als Hornist begonnen hat, ganz offiziell schon vor zwei Jahren angefragt, ebenso den britischen Dirigenten Douglas Bostock. Der lebt am Bodensee und hat viel Erfahrung nicht nur mit Blasorchestern. Rund um einen Liederzyklus, in dem der japanische Komponist Yasuhide Ito sieben Lieder von Gustav Mahler instrumentiert hatte, spannte sich das Thema „Jahreszeiten“. So gab es zum Auftakt eine in den Außenteilen schwungvoll akzentuierte Konzertouvertüre „The Hounds of Spring“von Alfred Reed, die im Mittelteil den warmen Grundklang der Holzbläser und Saxofone zur Geltung brachte.
Mahler liebte die Bläserstimmen
Auch der Australier Percy Grainger gehört zu den Lieblingskomponisten der Bläser: Sein „Children’s March“lässt die tiefen Register hervortreten und in Variationen dann alle Instrumentengruppen aufspielen. Mit viel Humor und gut abgestufter Dynamik gestaltete Douglas Bostock diesen fröhlich schlendernden Auf- und Abmarsch.
Mahlers Lieder sind, wenn sie von ihm selbst orchestriert sind, reich an Bläserstimmen. Yasuhide Ito hat Lieder aus der Frühzeit Mahlers ausgewählt, die zum Teil nur für Singstimme und Klavier gesetzt sind, und diese nach dem Vorbild der Orchesterlieder und Symphonien instrumentiert. Das klingt nah an den Intentionen des Komponisten, bringt Waldweben, die Rufe von Kuckuck und Nachtigall, aber auch Tanzbodenmusik mit Juchzern oder eine fein lyrische Winteridylle. Beim abschließenden Lied „Der Trunkene im Frühling“aus dem „Lied von der Erde“lässt er das Orchester rauschend aufspielen, das ist auch bei Mahler so. Doch vorher darf der Tenor mit den Farben seiner Stimme spielen, bald aufspringend kraftvoll, bald verhalten lyrisch in wunderbarem Piano, das sich zu heldischem Glanz öffnet. Auch das bodenständig Volksmusikantische der Lieder gestaltet Vogt höchst überzeugend, und in den beiden so innigen Liedern „Erinnerung“und „Winterlied“kommt das besondere Timbre seiner Stimme zum Leuchten. Das Stadtorchester, Douglas Bostock und der Sänger musizierten in herzlicher Verbundenheit, auch als Vogt in der zweiten Zugabe nochmals mit „Muss i denn zum Städtele hinaus“erfrischend natürlich auftrat: ein Startenor mit Bodenhaftung.
Engagiert und sehr inspiriert von ihrem Gastdirigenten Bostock (ihr musikalischer Leiter Pietro Sarno hatte die Einstudierung übernommen) agierten die Musiker des Stadtorchesters auch in den beiden Werken nach der Pause. In Philipp Sparkes „The Seasons“wurden verschiedenste Stimmungen charakterisiert, in Toshio Mashimas „Les trois notes du Japon“war das Orchester in seinem Farbenreichtum und virtuosen Können gefordert – und bewältigte dies mit Bravour.