Schwäbische Zeitung (Wangen)

Zwischen Artenschut­z und Tourismus

Die Berggorill­as gelten weiter als gefährdet

- Von Eva Krafczyk

FRANKFURT/MAIN (dpa) - Beim Kampf um die Zukunft der sanften Riesen unter den Menschenaf­fen sieht Christof Schenck, Geschäftsf­ührer der Zoologisch­en Gesellscha­ft Frankfurt (ZGF) positiven Einfluss durch einen streng kontrollie­rten Tourismus. Auch nachhaltig­e Entwicklun­g, die den Menschen vor Ort mehr Wohlstand und wirtschaft­liche Entwicklun­g ermöglicht, schütze die Tiere letztlich vor Wilderei.

„Keine andere Tierart kann lebend so viel Geld generieren wie Gorillas“, sagt Schenck mit Blick auf den Gorilla-Tourismus in Ruanda. Dort können kleine Touristeng­ruppen mit einer Spezialerl­aubnis eine Stunde lang bei einer sogenannte­n habituiert­en Gruppe verbringen. Das heißt: Wildhüter führen sie in das Revier einer Gorillagru­ppe, die über Jahre hinweg an den Anblick von Menschen gewöhnt wurde.

Um die Tiere nicht zu stressen, dürfen sich die Besucher nur eine Stunde lang bei den Gorillas aufhalten. Die Erlaubnis kostet derzeit etwa 800 Dollar. „Wir haben das mal ausgerechn­et“, sagt Schenck. „Es gibt etwa 200 Besucherta­ge im Jahr. Man weiß, wie lange die Lebenserwa­rtung eines Gorillas ist – mit einer groben Kalkulatio­n sind wir da auf vier Millionen US-Dollar gekommen – pro Gorilla. Das ist schon gewaltig und ein Riesenpote­nzial.“

Da die Einkünfte aus dem Tourismus in den Naturschut­z und in die Bezahlung von Wildhütern fließen, sei diese Form des Tourismus ein wertvoller Beitrag für den Artenschut­z. Wichtig ist laut Schenck, dass es bei einer begrenzten Anzahl von Besuchern bleibt und nicht unter der Hand zusätzlich­e Genehmigun­gen für einen entspreche­nden Aufpreis vergeben werden. „Es muss begrenzt sein, es muss scharf kontrollie­rt sein“, betont Schenck, für den Begegnunge­n mit Gorillas zu den „eindrückli­chsten Tierbegegn­ungen überhaupt“gehören.

Keine kranken Touristen

Ebenso wichtig ist es, darauf zu achten, dass tatsächlic­h kein Tourist mit Schnupfen oder anderen ansteckend­en Krankheite­n in die Nähe der Gorillas kommt. „Es gibt ein gewisses Risiko der Krankheits­übertragun­g, weil wir uns genetisch so ähnlich sind“, sagt Schenck. „Das Risiko ist viel größer von uns auf Gorillas als umgekehrt, weil wir Keime aus der ganzen Welt tragen. Da können schon Bronchiali­nfekte für die Jungen tödlich sein.“Im Virunga-Nationalpa­rk im Ostkongo tragen ZGFMitarbe­iter daher Schutzmask­en vor Nase und Mund, wenn sie sich Gorillas nähern.

Auf der kongolesis­chen Seite des ältesten afrikanisc­hen Nationalpa­rks kann Parkchef Emmanuel de Merode von Tourismus-Einnahmen wie in Ruanda nur träumen. Seit mehr als 30 Jahren ist die Region von militärisc­hen Konflikten und ethnischer Gewalt erschütter­t.

Die Unsicherhe­it, die die Milizen in die Region bringen, begünstigt die Wilderei natürlich. Für die Menschen in den umliegende­n Dörfern, die immer wieder vor der Gewalt fliehen mussten, gibt es kaum Perspektiv­en.

„Es ist wirklich Paradies und Hölle“, sagt Schenck über den Ostkongo, wo „die schönsten Landschaft­en Afrikas“mit ihren Vulkanberg­en und Lavaseen zu finden seien. Virunga sei mit einer Fläche von 8000 Quadratkil­ometern wahrschein­lich der artenreich­ste Park Afrikas.

Viele Probleme sind seit Beginn des Engagement der ZGF vor knapp 60 Jahren gleich geblieben – Wilderei, Eingriffe von Menschen in die Natur, zu wenige Wildhüter. Dass diese einheimisc­hen Wildhüter selbst in Jahren, in denen internatio­nale Experten aus Sicherheit­sgründen die Region verlassen mussten, trotz aller Gefahren „ihre“Gorillas beschützte­n, beeindruck­te Schenck.

Virunga bleibe für die ZGF eine „globale Kernregion“, versichert Schenck. Doch während bei der Entwicklun­g der Berggorill­as trotz andauernde­r Gefährdung positive Anzeichen zu sehen seien, müsse nun verstärkt auf die Lage im Kongobecke­n im Westen des riesigen Landes geachtet werden. Dort bereite die „dramatisch­e Abnahme“der Flachlandg­orillas große Sorgen. Innerhalb weniger Jahre sei die Zahl der Tiere von 16 000 auf etwa 3800 zurückgega­ngen, warnt der Biologe.

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FOTO: DPA Eine Berggorill­a-Familie im Virunga-Nationalpa­rk in Ruanda.

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