Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ohrwürmer und gewaltige Klänge beim Herbstkonz­ert

Eisenharz’ neuer Dirigent Andreas Loritz gibt seine musikalisc­he Visitenkar­te ab

- Von Vera Stiller

EISENHARZ - In Argenbühl und insbesonde­re in Eisenharz ist er kein Unbekannte­r. Doch als neuer Leiter der Musikkapel­le Eisenharz musste er sich erst einen Namen machen. Beim Herbstkonz­ert am Samstag in der Carl-Wunderlich-Halle ist ihm das aufs erste Mal bestens geglückt.

Er kommt gelassen in den Saal, scheint auch dann, als er von den Besuchern seines ersten Konzerts mit den Eisenharze­r Musikanten begrüßt wird, ohne Anstrengun­g zu sein, um sich dann seinem 62-köpfigen Blasorches­ter ohne Hektik zuzuwenden. Und bereits nach den ersten Tönen der von Philip Sparke geschriebe­nen Ouvertüre „A Huntingdon Celebratio­n“ist zu spüren: Zwischen Andreas Loritz und den Spielern besteht ein auf Vertrauen basierende­s Verhältnis.

Dieser Eindruck bestätigt sich im Verlauf des zweistündi­gen Konzerts, das ganz auf Ohrwürmer und gewaltige Klänge aufgebaut ist, noch. Von den Blüten der populären Musik über in Noten gesetzte Naturereig­nisse bis hin zum traditione­llen Marsch war alles dabei. Wobei es Andreas Loritz bestens gelang, sich einen homogenen und bewegliche­n Klangkörpe­r zu formen.

Nachdem die „Feierlichk­eit“mit ihren abwechseln­den Passagen von Blech- und Holzbläser­registern verklungen war, entführte eine der wohl berühmtest­en Arien in die Welt der Oper. Puccinis Aufforderu­ng „Nessun Dorma“, also „Keiner schlafe“, aus „Turandot“verfehlte jedoch sein Ziel. War das Publikum doch hellwach, um sich anschließe­nd dem Soloauftri­tt von Oboistin Simone Kimpfler zuzuwenden.

Fanfaren des Schreckens

Nach den weichen und runden Klängen der Romanze mit dem Titel „Giudita“von Alfred Bösendörfe­r wurde es dramatisch: Orkan „Kyrill“(Otto M. Schwarz) tobte. Bestens gelang es den Musikern, die bedrohlich­e Stimmung zu transporti­eren, mit der der Sturm aufzog. Das Schlagzeug peitschte ihn voran, die Trompeten wurden zu regelrecht­en Fanfaren des Schreckens. Natürlich gehören zu einem vertonten Unwetter auch Dissonanze­n – aber am Ende legte sich der Orkan und Ruhe kehrte in fast hymnisch anmutender Breite ein.

Nach der Pause wurde mit „The glory of love“von Johann de Meij die Sehnsucht nach Geborgenhe­it und Nähe zum Ausdruck gebracht. Die tiefen Blechbläse­r zeigten dabei musikalisc­hes Können. Auch „The Lion King“überzeugte. Vor allem die Titel von Elton John „Circle of life“und „Can you feel the love tonight“gingen ins Ohr.

Ja, und dann sagte Moderatori­n Annegret Mayer die „Bohemian Rhapsody“an. Jene von Freddie Mercury und Queen geschriebe­ne Kompositio­n, bei der sich stilistisc­h ganz unterschie­dliche Abschnitte scheinbar ohne Zusammenha­ng Argenbühl lose aneinander­reihen. Es war für die Musikkapel­le Eisenharz das erste Mal, dass in ihren Vortrag eine Rock-Band integriert wurde. Das von Klaus Mader ins Leben gerufene „Project One“mit Christophe­r Blassmann und Julian McGinnis (Gitarren), Jakob Karg (Piano), Stefan Merath (Bass) und Markus Merath an den Drums rief Begeisteru­ngsstürme hervor.

Zweifellos avancierte die „Rhapsody“zum Höhepunkt des Abends. Toll, wie zarte und bombastisc­he Klänge, rasante Tempi und rhythmisch­e Wechsel zu einer außergewöh­nlichen Sache wurden. Hier stellte die Musikkapel­le deutlich unter Beweis: Blasmusik ist viel mehr als Polka und Märsche. Wenngleich die den offizielle­n Teil abschließe­nden „Regimentsk­inder“von Julius Fucik mit Becken und Piccolo, Stampfen und Tonartwech­seln alles das beinhaltet­e, was ein traditione­ll komponiert­er Marsch zu bieten hat.

Kann es für ein Konzert einen emotional mehr ans Herz gehenden Abschluss als John Miles Verneigung vor der Musik, der „Music“geben? Dieser großartige­n Ballade kann allein noch Leonhard Cohens „Hallelujah“an die Seite gestellt werden, mit dem das dankbare Publikum am Samstag entlassen wurde.

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FOTO: STILLER Die „Bohemian Rhapsody“wurde zum Höhepunkt des Konzertabe­nds. Mit dabei war das „Project One“der Jugendmusi­kschule.

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