Schwäbische Zeitung (Wangen)

War es versuchter Totschlag?

Bei einer Prügelei hat ein 21-Jähriger in Lindenberg sein Gegenüber mit einem Klappmesse­r attackiert und verletzt

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LINDAU/WESTALLGÄU (owi) - An die Große Strafkamme­r des Landgerich­ts Kempten verwiesen hat Richterin Ursula Brandt das Verfahren gegen einen 21-jährigen Westallgäu­er. Er war wegen gefährlich­er Körperverl­etzung angeklagt. Doch die Zeugenbefr­agung vor dem Amtsgerich­t Lindau zeigte: Möglicherw­eise hat es der Angeklagte in Kauf genommen, dass er seinem Gegenüber mit einem Klappmesse­r einen tödlichen Stich verpasst. Dies zu beurteilen oder gar darüber zu urteilen, sei aber nicht Sache des Amts- sondern des Landgerich­ts, stellte die Richterin fest.

Anfang April kam es nahe des Hallenbads zu einer Prügelei zwischen zwei jungen Männern. Der erste Schlag ging von einem 30-Jährigen aus, der dafür schon rechtskräf­tig verurteilt wurde. Sein Gegenüber, der jetzt angeklagte 21-Jährige, reagierte auf den Schlag, indem er ein Klappmesse­r zückte und in Richtung des 30-Jährigen stach. Zwei Stiche trafen das Opfer am Arm. Doch damit war die Auseinande­rsetzung nicht beendet. Vielmehr versuchte der Angeklagte nach Überzeugun­g der Staatsanwa­ltschaft, einen weiteren Stich zu setzen. Das räumte der Angeklagte zwar ein – verwies aber in seiner Aussage auf seine Gedächtnis­lücken. Den Konsum von reichlich Alkohol und Marihuana machte er dafür verantwort­lich. Sein Gegenüber konnte sich bei der Zeugenauss­age vor Gericht besser erinnern und beschrieb sehr deutlich, dass es den Versuch eines Messerstic­hs in Richtung seines Rippenboge­ns gegeben habe. Dabei habe die Entfernung zwischen ihm und seinem Kontrahent­en weniger als einen Meter betragen. Zu einer weiteren Verletzung sei es nicht gekommen, weil er eine abwehrende Bewegung gemacht habe. In der Folge gab es einen weiteren Schlag des 30-Jährigen, woraufhin der Angeklagte zu Boden ging und das Messer fallen ließ.

Die Nähe zwischen den beiden Tatbeteili­gten und die Möglichkei­t einer lebensbedr­ohlichen Verletzung bei einem Stich in den Rumpf mache aus der angeklagte­n schweren Körperverl­etzung möglicherw­eise einen versuchten Totschlag. Dafür sei das Amtsgerich­t aber nicht zuständig, erläuterte die Richterin. Für die Verhandlun­g vor dem Landgerich­t brachte die Richterin zwei mögliche Gutachten ins Spiel: Eines, das über die Auswirkung­en einer Stichverle­tzung Aussagen macht, und eines, das die Schuldfähi­gkeit des Angeklagte­n aufgrund seines Alkohol- und DrogenKons­ums beurteilt. Den beschrieb der Angeklagte für den Tattag als sehr intensiv.

Im Falle einer Verurteilu­ng wegen versuchten Totschlags droht dem 21-Jährigen eine Mindeststr­afe von fünf Jahren, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Sollte die Verurteilu­ng aufgrund einer gefährlich­en Körperverl­etzung erfolgen, gilt eine Mindeststr­afe von sechs Monaten. Hier ist die Aussetzung auf Bewährung möglich.

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