Schwäbische Zeitung (Wangen)

Das Eintracht-Wunder

Nach dem 2:1 über Borussia Dortmund gibt Frankfurts Trainer Niko Kovac den Mahner

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FRANKFURT (SID/dpa) - In sieben Monaten von einem Abstiegs- auf einen Champions-League-Platz – und was ist der Lohn dafür? Eine Drohung! Die Spieler von Eintracht Frankfurt hatten nach ihrem packenden 2:1 (0:0)-Erfolg gegen Borussia Dortmund teilweise schon das Stadion verlassen, als ihr Trainer noch einmal seine Stimme erhob. „Wir werden nicht abheben. Wir werden weiter hart arbeiten. Und wenn doch einer abhebt, dann werden wir dazwischen gehen“, sagte Niko Kovac. Und auch: „Alle können träumen. Aber ich werde nicht träumen.“.

Natürlich hat Kovac nach diesem sicherlich etwas überrasche­nden, aber alles andere als unverdient­em Sieg auch noch etwas anderes gesagt. Zum Beispiel: „Ich bin stolz auf diese Mannschaft.“Oder: „Den BVB zu schlagen, ist für mich nochmal on top. Der BVB steht für mich noch eine Klasse über den Gegnern, die wir vorher geschlagen haben.“

Unglaublic­he Entwicklun­g

In der Tat. Die Eintracht hat sich unter Kovac in eine Richtung entwickelt, die die allerwenig­sten prognostiz­iert hatten. Kovac’ Mannschaft ist nicht abgehoben, als sie im Mai gerade noch den Abstieg aus der Bundesliga vermied. Sie ist auch nicht abgehoben, als sie im Sommer von Sportchef Fredi Bobic und Kovac mit Zugängen aus aller Herren Länder völlig neu zusammenge­stellt wurde und danach regelmäßig Gegner wie Schalke 04, Bayer Leverkusen oder Bayern München geärgert hat. Und: Die Entwicklun­g scheint längst nicht abgeschlos­sen. „Seine Mannschaft spielt so, wie er ist: cool, mit dem nötigen Herz, mit Biss.“Das sei „eine tolle Handschrif­t, hatte BVB-Trainer Thomas Tuchel schon vor dem Spiel gesagt. .Die Tugenden des Frankfurt-Hochs, die Handschrif­t des Trainers: Ehrgeiz, Willensstä­rke, enorme Fitness, taktische Disziplin. Zu keiner Zeit verloren die Frankfurte­r am Samstag etwas von ihrer Widerstand­skraft. Kovac muss das Umfeld sicher wieder ein wenig auf den Boden holen. Bei seinen Spielern scheint dies nicht nötig. „Unser Ziel ist der Klassenerh­alt. Den müssen wir erst unter Dach und Fach bringen“, sagte Kapitäün Alexander Meier trotz 18 Punkten Vorsprung auf Platz 17 unbeirrt.

Saison wie eine Achterbahn

Dortmund dagegen? „Technisch, taktisch, mental und von der Bereitscha­ft her – unsere Leistung war ein einziges Defizit“, schimpfte Tuchel. Der BVB ist in dieser Saison ohne Frage ein höchst spannendes Projekt. Tuchel hat eine besonders junge Mannschaft mit vielen Zu- und bedeutende­n Abgängen beisammen, bei der er derzeit nur zwei große Probleme ausmacht: Konstanz und Einstellun­g. Beides prangerte der Trainer am Samstag ungewohnt offen an: „Das hat in der Trainingsw­oche angefangen, heute war es von der ersten bis zur letzten Minute eine Leistung, die keinen Punkt verdient hat“, sagte er, „mit so vielen Defiziten in unserem Spiel ist in der Bundesliga kein Auswärtssi­eg zu holen.“

In schöner Regelmäßig­keit wechseln sich beim Vizemeiste­r Festabende wie das 8:4 in der Champions League gegen Legia Warschau oder der 1:0-Sieg gegen den FC Bayern mit Rückschläg­en wie in Frankfurt oder beim 3:3 in Ingolstadt ab. „Unsere gesamte Saison verläuft in einem Auf und Ab. Das ist sehr unbefriedi­gend“, monierte Tuchel. Dafür sprechen auch die Zahlen: Mit 27 Toren ist der BVB gemeinsam mit Tabellenfü­hrer RB Leipzig zwar das stärkste Offensivte­am der Liga. Dennoch liegen die Dortmunder bereits neun Punkte hinter den Sachsen.

In Frankfurt hatte der eingewechs­elte Haris Seferovic (79. Minute) unmittelba­r den zwischenze­itlichen Treffer zum Ausgleich von PierreEmer­ick Aubameyang (77.) gekontert, zuvor hatte Szabolcs Huszti die Eintracht it dem ersten Angriff der zweiten Halbzeit in Führung gebracht. „So wie wir aus der Kabine gegangen sind, hätte es mich fast gewundert, wenn wir kein Gegentor gekriegt hätten“, sagte Tuchel ungewohnt sarkastisc­h.

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FOTO: DPA Szablocs Huszti jubelt nach seinem Tor zum 1:0 beim 2:1 der Eintracht gegen Borussia Dortmund.

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