Kuriose Ideen sind oft die besten
Amtzeller Firma Webo präsentiert zum siebten Mal „Kultur im Werkzeugbau“
AMTZELL - Da freut sich der Chef: einmal im Jahr legt die Belegschaft der Amtzeller Firma Webo los: Sie räumen die Produktionshallen des Werkzeugbauunternehmens auf bis jede Schraube an ihrem Platz liegt, sie wienern und schrubben die Böden und polieren die Umformpresse. Und schwupp: verwandelt sich die Produktionshalle in einen Ort der Kultur, wo die Besucher Bilder betrachten und ein ausgewähltes Bühnenprogramm genießen können. Das ist „Kultur im Werkzeugbau“. Hier zeigt sich, dass die kuriosesten Ideen oft die besten sind.
Am Samstagabend hatte Geschäftsführer Axel Wittig zum siebten Mal zu dem Event eingeladen. Das Haus war ausverkauft. Er präsentierte eine bunte, eine kreative Mischung aus Kultur. In diesem Jahr waren Bilder von dem Wangener Künstler Andreas Scholz zu sehen. „Eigentlich bin ich Landschaftsmaler“, so Scholz im Interview mit Wittig, doch dann habe er per Zufall den alten Film „Bullitt“aus den 60er gesehen, in dem eine legendäre Autoverfolgungsjagd vorkommt. Irgendwie hat sich Scholz in diese Szene verliebt und sogenannte Filmstills gemalt. „Jedes Filmbild ist ein Kunstwerk“, sagt er, und der Betrachter sieht, dass er Recht hat.
Die Welt zum Skaten anstiften
Die Verbindung zwischen dem Werkzeugbau und der Kunst ist im Fall der Firma Webo die Kreativität, die Innovation, die Energie, etwas auf die Beine zu stellen. Im Jahr 2011 erhielt die Firma dafür den Gründerpreis. „Zwei Jahre später erhielt ihn Titus Dittmann, der zweite Gast an diesem Abend“, erzählt Wittig. Dittmann ist auf den ersten Blick ein kauziger, junggebliebener Alt-68er.
Nach dem Motto „Brett für die Welt“wollte er als junger Sportlehrer das Skateboard in den Schulunterricht einbauen. Dafür kassierte er eine Abmahnung, „weil es nicht auf dem Lehrplan stand“. Also quittierte er den Dienst und lebte fortan für das Brett mit den Rollen, schuf SkaterLäden und Bahnen, organisierte Contests bis hin zur Weltmeisterschaft und reiste um den Globus, um junge Menschen in allen Teilen der Welt zum Skaten anzustiften. Zuletzt in Afghanistan.
„Das Gute am Skateboard ist, dass es für Erwachsene ungeeignet ist, für die Jugendlichen ist es toll, wenn sie etwas gut können, was Eltern und Lehrer nicht hinkriegen.“Das sei sinn- und identitätsstiftend. „Wer Skateboard fährt, hat keine Zeit zum Schießen“, kommentiert das ein Afghane in einem eingespielten Filmausschnitt. Für seine Arbeit überreichte Wittig dem „Skater-Methusalem“eine Geldspende.
Nationalhymne im Schottenrock
Musik-Comedy auf hohem künstlerischen Niveau präsentierte als Hauptact des Abends das britische Ehepaar Rebecca Carrington und Colin Brown – beide musikalische Ausnahmetalente – mit ihrem neuen Programm „Zehn“. Und ein weiteres Mal an diesem Abend zeigte sich, wie es mit den kuriosen Ideen steht: sie sind die besten. Wenn der schwarze Colin Brown, Engländer mit jamaikanischen Wurzeln, der schon mit Robbie Williams auf der Bühne stand, plötzlich in Amtzell im Schottenrock, der mit Deutschlandfahnen verziert ist, die Nationalhymne auf dem Dudelsack spielt, dann weiß man: Alles ist möglich.