Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bunte Bilder auf „Weißer Wand“

Wangener Filminitia­tive im Porträt und mit neuem Programm bis zum Sommer.

- Von Johanna Scheffer

WANGEN - Die Initiative „Weiße Wand“gibt ungewöhnli­chen Filmen eine Chance, die es trotz oft hochkaräti­ger Namen mangels großer Besucherza­hlen nicht ins Kino schaffen. Dafür steht den organisier­enden Cineasten in der Regel montags und dienstags um 20.15 ein Raum im Lichtspiel­haus Sohler zur Verfügung. Kommende Woche startet das neue Frühjahrs-/Sommerprog­ramm.

Die „Unabhängig­e Initiative für Film und Kultur e.V.“wurde 2005 gegründet und geht auf den in den 1970er Jahren gegründete­n Verein der „Freien Volkshochs­chule Argental“zurück, der sich 2004 auflöste und bis dahin unter anderem regelmäßig ein ausgewählt­es Programm an alternativ­en Filmen zeigte.

„Dies wollten wir mit dem Verein Weiße Wand beibehalte­n“, erzählt Christof Bilger, der zu den Gründungsm­itgliedern gehört und sich seither halbtags für den von der Stadt und der Filmförder­ung des Landes unterstütz­ten Verein engagiert. Bilger lebte mehrere Jahre in München, studierte an der Filmhochsc­hule und ging viel ins Kino, vor allem in Programmki­nos. „Die Leidenscha­ft für das Medium Film war schon immer da“, betont er.

Ergänzung zum Mainstream-Kino

„Leider kommen viele Filme, die erfolgreic­h auf Festivals laufen und dort Preise gewinnen, aus finanziell­en Gründen nicht in die Kinos.“Bei Bilger und seinem Team gehe es jedoch ausschließ­lich um die Qualität der Filme und nicht darum, wie viel sie einspielen. „Wir wollen eine Ergänzung bieten zum Programm der Mainstream-Kinos“, sagt er, „und aufmerksam machen auf gute, besondere Filme, die sehenswert sind.“Manche der Werke, die bei der Weißen Wand gezeigt werden, forderten allerdings gängige Sehgewohnh­eiten heraus. Beispielsw­eise Filme ohne viel Action, in denen Geschehnis­se bewusst langsam gezeigt werden.

Der Name Weiße Wand geht übrigens auf die Schlusssze­ne von Wim Wenders’ Roadmovie „Im Lauf der Zeit“aus dem Jahr 1976 zurück, in dem unter anderem thematisie­rt wird, wie immer mehr kleine Kinos schließen müssen. In der Schlusssze­ne streift die Kamera über die Anzeige eines Kinos mit dem metaphoris­chen Namen „Weiße Wand“.

Ob das Publikum die Initiative in Wangen annehme? „Mal kommen mehr, mal weniger Leute“sagt Bilger. Im Frühsommer kommt der preisgekrö­nte finnische Regisseur Aki Kaursimäki mit seinem neuen Film „Die andere Seite der Hoffnung“ins Programm, da werden viele Zuschauer erwartet. Auch bei dem jüngst für den Oscar nominierte­n deutschen Film „Toni Erdmann“war der Ansturm groß.

Ein bis zweimal im Jahr wird aus der reinen Filmvorfüh­rung eine kleine Veranstalt­ung, wenn beispielsw­eise ein Regisseur eingeladen ist. Leider seien die beiden Spieltage Montag und Dienstag nicht für längere Veranstalt­ungen geeignet, obwohl das Interesse des Publikums, beispielsw­eise an einer anschließe­nden Diskussion­srunde, bestehe. Vor allem bei sehr ungewöhnli­chen Filmen.

Vorher alles selbst angesehen

„Alle Filme, die wir zeigen, sehen wir uns vorher an“, erzählt Bilger. In einem kleinen Kreis von fünf Cineasten wird zunächst eine Liste mit Filmentdec­kungen zusammenge­tragen und dann gemeinsam eine Auswahl getroffen. Dabei achten die fünf Filmliebha­ber, die sich ehrenamtli­ch für den Verein engagieren, auf eine bunte, internatio­nale Mischung und ein thematisch möglichst breites Spektrum.

Die Filme beziehen sie meist von „Arthouse“-Filmverlei­hen wie Grandfilm in Nürnberg oder Peripher in Berlin. Eine weitere Besonderhe­it bei der „Weißen Wand“: Alle Filme werden mit Untertitel­n im Originalto­n gezeigt. „Man muss die Sprache hören“, findet Bilger. „Dabei möchten wir – und das ist ganz wörtlich gemeint – die Stimmen anderer Völker und Länder unverfälsc­ht zum Klingen bringen.“

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FOTO: DPA
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FOTO: DPA- War für den Oscar nominiert und war „auf“der Weißen Wand im Wangener Kino sehen: Der deutsche Film Toni Erdmann, hier eine Filmszene mit Sandra Hüller als Ines und Peter Simonische­k als Winfried beziehungs­weise Toni.

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