Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wahlen in Frankreich beschäftig­en Frankreich-Freunde in Kißlegg

DFGK-Stammtisch: In Baden-Württembar­g hätte Macron die absolute Mehrheit schon – Auch in Le Pouligen lag er zuletzt vorn

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KISSLEGG (pama) - Der zweite Wahlgang der französisc­hen Präsidents­chaftswahl am Sonntag beschäftig­te auch die Mitglieder des „table ronde“des Deutsch-Französisc­hen Gesellscha­ftskreises (DFGK) am Mittwochab­end im Sudhaus des Schlosskel­lers in Kißlegg. Im ersten Wahlgang hatten sich der sozial- und wirtschaft­sliberale Emmanuel Macron (En marche) und die rechtsextr­eme Marine Le Pen (Front National) durchgeset­zt. Sie stellen sich nun zur Stichwahl.

Einige Tische füllten Mitglieder und Gäste beim „table ronde“des DFGK. Das Thema war die Präsidents­chaftswahl in Frankreich. Im Vergleich zum Bundespräs­identen mit repräsenta­tiven Aufgaben habe der Staatspräs­ident in Frankreich viel Macht, erklärte Vorsitzend­er Rupert Hagel. Der französisc­he Staatspräs­ident ist Oberbefehl­shaber über die Streitmäch­te und darf internatio­nale Verträge auch ohne Mandat des Parlaments schließen. Das Jahresgeha­lt hatte Francois Hollande zu Beginn seiner Amtszeit auf 170 000 Euro gekürzt. Hinzu kommen noch kostenlose Unterkunft und Verpflegun­g im Elysée-Palast, sowie ein persönlich­es Budget von 2,5 Millionen Euro zur freien Verfügung.

Wählen dürfen den Staatspräs­identen auch französisc­he Staatsbürg­er in Baden-Württember­g. Das Wahllokal für Franzosen, die in der Region leben, liegt in Tübingen. „Dort gibt es von jedem Kandidat eine Stellwand mit einem Plakat“, erklärte Nagel, dessen Frau Französin ist. „Nur ein Poster hat gefehlt – das von Marine Le Pen. Gewählt wird nicht durch Ankreuzen sondern durch Zettel, auf denen der Name eines Kandidaten gedruckt ist. „Einen von den zwölf Zetteln durfte meine Frau dann in einen Wahlumschl­ag stecken“, so Nagel. „Davor musste sie eine dreivierte­l Stunde vor dem Deutsch-Französisc­hen Kulturinst­itut anstehen und dabei dreimal ihren Ausweis vorzeigen und einmal auf einer Liste unterschre­iben.“

Mit Blick auf die Stichwahl am Sonntag sagte Nagel: „Ich denke Macron hat die Nase vorn. Nach meiner Erfahrung wählen die Franzosen im ersten Wahlgang gern aus Protest ultra-links oder ultra-rechts und im zweiten Wahlgang dann gemäßigter. Doch auch die Chancen für Marine Le Pen und die Gründe dafür kamen zur Sprache: „Im Nordosten haben die Leute das gleiche Schicksal wie das Ruhrgebiet, nur noch schlimmer: Früher reich und heute arm – das stiftet Verzweiflu­ng und Frust“, erklärte ein Mitglied. In Bezug darauf, dass Le Pen am 1. Mai eine Rede hielt, die der des ausgeschie­denen Kandidaten Fillion ähnelte, sagte DFGK-Chef Nagel: „Ich glaube nicht, dass sich die Franzosen für dumm verkaufen lassen.“Friedrich Rockhoff, der auch am DFGKStammt­isch teilnahm, stellte fest: „Wenn man Macron im Fernsehen sieht, dann sind immer viele junge Leute um ihn herum. Das gefällt mir, denn da gibt es eine Aufbruchst­immung

Rupert Nagel

wie damals bei Obama oder Kennedy.“Ursula Forstl, zweite Vorsitzend­e des DFGK, fügte an: „Und auf der anderen Seite sieht man die Enttäuscht­en und Verbittert­en. Leider sogar welche, die sich eine Art ,starken Führer’ wünschen. Dieses Spaltung, die durch Frankreich geht, besorgt mich sehr.“

Torsten Amann aus Laufenburg am Hochrhein – zurzeit in Kißlegg im Urlaub – bereichert­e den Abend mit seiner Sicht auf die Dinge: „Bei uns ist die Wahl durch die vielen Grenzgänge­r aus Frankreich viel präsenter.“ Der Badener erklärte, dass er in seiner Heimatstad­t Stadtrat und Präsident des Deutsch-Französisc­hen Freundeskr­eises sei. In Laufenburg bestehe nämlich eine Städtepart­nerschaft zu einem Nachbarort von Le Pouligen, der Partnersta­dt Kißleggs. „Im Elsass sagen die Alten zu den Jungen, sie sollen Deutsch lernen, damit sie einmal im Deutschlan­d oder in der Schweiz arbeiten können.“, so Amann, da im dort vor allem die hohe Jugendarbe­itslosigke­it viele frustriert. So seien die hohen Werte für Le Pen zu erklären.

„Ich denke Macron hat die Nase vorn.“

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FOTO: PAUL MARTIN DFGK-Vorstand Rupert Hagel mit Flyern von Macron und Le Pen: Jeder Wahlberech­tigte hatte im Vorfeld Wahlinform­ationen zugeschick­t bekommen.

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