Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mit der Zeit gegangen

- J.steppat@schwaebisc­he.de

rehen wir die Zeit um 20 Jahre zurück. Stellen Sie sich vor, damals hätte die Sparkasse angekündig­t, ihr Filialnetz auszudünne­n? Oder nehmen Sie an, 1997 hätte der Argenbühle­r Rat eine Neuordnung (oder Reduzierun­g) der Leistungen in den Rathaus-Außenstell­en beschlosse­n? Man darf getrost davon ausgehen: Der Proteststu­rm wäre laut und heftig ausgefalle­n.

Und heute? Da sind die Kreisspark­asse und die Argenbühle­r Verwaltung genau dies angegangen. Sicher, es gab Proteste: in Eglofs, weil man dringend den Geldautoma­ten erhalten wollte, in Ratzenried, weil man die Einschränk­ungen im örtlichen Rathaus nicht gut hieß. Beide Proteste waren zwar laut (in zweitem Fall wurde die Kommunalau­fsicht angerufen), aber von einer Woge der Entrüstung zu sprechen, wäre insgesamt gesehen übertriebe­n.

Denn: Die Zeiten haben sich geändert. Wo vor 20 Jahren vielleicht noch viele Menschen Scheu, wenig Vertrauen oder Unkenntnis in Sachen Geldautoma­ten hatten, sind heute die allermeist­en (auch älteren) Menschen firm bei deren Bedienung. Insofern reicht es, wenn ein öffentlich-rechtliche­s Kreditinst­itut in der Fläche die (automatisc­he) Bargeldver­sorgung bereit hält. Und auch Gemeindeve­rwaltungen sind längst soweit, dass die Bürger Vieles online abwickeln können (und sollen).

Deshalb war es an der Zeit, dass sich eine große Flächengem­einde Gedanken macht, ob sie wirklich ihre kommunalen Dienstleis­tungen in Gänze in jeder ihrer Ortschafte­n anbieten muss. Schließlic­h geht es beim Vorhalten von Gebäuden und Personal um die sinnvolle Verwendung von Steuergeld­ern. Zudem: Sowohl die Kreisspark­asse als auch die Verantwort­lichen in Argenbühl waren keine Dickköpfe, sondern kompromiss­bereit.

Gleichwohl sind die Motive der Kritiker durchaus ehrenwert. Es ist ja nichts verkehrt daran, um die Infrastruk­tur im eigenen Ort zu kämpfen. Sie ist dessen Basis für die Zukunft. Aber, Hand aufs Herz: Wer von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser,, braucht ein an fünf Tagen in der Woche jeweils acht Stunden lang geöffnetes Rathaus? Sind Behördengä­nge nicht eher selten und damit planbar?

Ähnlich verhält es sich bei Bankdienst­leistungen abseits des Geldabhebe­ns. Wer Geld anlegen will oder einen Kredit braucht, spaziert mutmaßlich nicht einfach in die nächste Bankfilial­e und erwartet prompte Bedienung. Hierauf bereiten sich Kunden in aller Regel vor und erwarten – zu Recht – eine qualifizie­rte Beratung. Dafür nehmen sie eine Terminabsp­rache ebenso in Kauf wie die Fahrt zum größeren Bankstando­rt. Auch das ist allemal zumutbar.

 ??  ?? Jan Peter Steppat
Jan Peter Steppat

Newspapers in German

Newspapers from Germany