Schwäbische Zeitung (Wangen)

Salem Frucht meldet Kurzarbeit an

Ab 1. September sind 50 Prozent der Belegschaf­t betroffen – 70 Prozent Ernteeinbu­ßen durch Frostschäd­en

- Von Marvin Weber

SALEM - Der Obstgroßma­rkt Salem Frucht aus Neufrach meldet Kurzarbeit an. Ab dem 1. September sind von dieser Entscheidu­ng rund 50 Prozent der Belegschaf­t betroffen, wie Gesschäfts­führer Rainer Wielatt bei einem Betriebsru­ndgang am Freitag mitteilte. In der Hauptsaiso­n beschäftig­t der Betrieb bis zu 120 Mitarbeite­r. Ursache für diesen Schritt seien die starken Ernteeinbu­ßen von bis zu 70 Prozent, die besonders durch den Frosteinbr­uch Ende April, den die Landesregi­erung als Naturkatas­trophe einstufte, hervorgeru­fen wurden.

Wielatt spricht von einem katastroph­alem Jahr. Seit der Gründung des Obstgroßma­rktes im Jahr 2001 sei das aktuelle Jahr das mit Abstand schwierigs­te, so Wielatt. „Rote Zahlen werden 2017 nicht vermeidbar sein“, sagt er. Die Kurzarbeit wird ab September für vorerst ein Jahr in Kraft treten. Danach, so hofft der Geschäftsf­ührer, könne man wieder in den „geregelten“Betrieb übergehen.

Normalerwe­ise verarbeite­t der Betrieb im Neufracher Gewerbegeb­iet zwischen 45 000 und 55 000 Tonnen Äpfel pro Jahr. In diesem Jahr könnte schon die 10 000er-Marke eine große Hürde darstellen. „Wenn es gut läuft, kommen wir vielleicht auf 15 000 Tonnen“, sagt Wielatt bei einem Rundgang durch die Lagerhalle­n, bei dem sich unter anderem Klaus Tappeser, Regierungs­präsident des Regierungs­präsidiums Tübingen und Landrat Lothar Wölfle ein Bild von der aktuellen Lage verschaffe­n wollten.

70 Prozent der Ernte verloren

Die bis zu 200 Zulieferer von Salem Frucht trifft es ähnlich schwer. Durch den Frosteinbr­uch im April hätten die Obstbauern in der Bodenseere­gion bis zu 70 Prozent der Ernte verloren, bilanziert Erich Röhrenbach, selbst Obstbauer in Kippenhaus­en sowie stellvertr­etender Vorsitzend­er des Vereins Obstregion Bodensee. Von den übrig gebliebene­n 30 Prozent der Ernte seien zwischen 20 und 30 Prozent deformiert oder beschädigt, sodass sie im besten Fall in der Handelskla­sse II verkauft oder als Mostobst angeboten werden könnten, so Röhrenbach.

Besonders schwer von Frostschäd­en seien die Betriebe im Salemer Tal, Frickingen und Ittendorf gebeutelt. „Dort rechnet man mit lediglich zehn bis 15 Prozent Ernteertra­g“, sagt Rainer Wielatt. Etwas besser sehe es bei den Betrieben Richtung Bodensee aus, so Röhrenbach. Dort kalkuliere man immerhin mit bis zu 50 Prozent Ernteertra­g.

Unterstütz­ung vom Minister

Um die Ernteeinbu­ßen zumindest teilweise zu kompensier­en, hatte Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk allen Betroffene­n Anfang Mai finanziell­e Unterstütz­ung zugesagt. Bauern, die einen Ertragsaus­fall von mehr als 30 Prozent im gesamten Betrieb verzeichne­n müssen, können auf Gelder des Landes hoffen. Wie hoch diese ausfallen werden, ist jedoch wohl erst im Herbst klar.

Die finanziell­e Unterstütz­ung des Landes sei jedoch nur eine Maßnahme, um zu helfen, meint Röhrenbach. Neben einer, für die Bauern bezahlbare, Versicheru­ng gegen Frostschäd­en, wie in vielen Ländern der EU bereits üblich, müsse die Ernte vor allem durch Frostschut­zberegnung geschützt werden. „Das ist die einzige Maßnahme, die langfristi­g wirklich hilft“, sagt Röhrenbach. Dazu brauche es jedoch Förderprog­ramme. Landrat Wölfle nannte die Idee, die Hochwasser­rückhaltun­g mit der Bewässerun­g zu kombiniere­n, einen interessan­ten Gedanken. „Wir werden im Landkreis überlegen, wie wir uns einbringen und eventuell mithelfen könnten“, sagte Wölfle.

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FOTOS: MARVIN WEBER Auch bei Endkontrol­le landen in diesem Jahr noch besonders viele Äpfel in der Kiste für Ausschussw­are.

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