Frust beim Bad Waldseer Helferkreis
Ein Dutzend Ehrenamtliche kehren der Initiative den Rücken und gründen eigene Gruppe
BAD WALDSEE - Christine Uhl hat ihr Amt als Sprecherin des Bad Waldseer Helferkreises aus Unzufriedenheit aufgegeben und führt ihr Ehrenamt fortan bei den Johannitern aus. Gemeinsam mit zehn weiteren aktiven Ehrenamtlichen hat sie den Helferkreis verlassen und die Gruppe „Vielfalt“gegründet. Kritik übt sie vor allem an der Kommunikationspolitik der Stadt. Vom Sozialamt werden die Abgänge bedauert und die Kritik zurückgewiesen.
Seit Gründung des Helferkreises Ende 2015 hat sich die 56-Jährige als Gesamtsprecherin eingebracht. Nun ist Schluss. „Ich habe mich öfters über Dinge geärgert, die in meinen Augen einfach waren und dann unnötig bürokratisch kompliziert abliefen. Da geht mir zu viel Energie verloren. Außerdem wird daraus ein Kampf, den ich nicht führen möchte.“Der Fokus der ehrenamtlichen Tätigkeit habe sich dadurch verlagert – hin zu dauernden Auseinandersetzungen. „Das müsste ich tun, wenn ich hauptamtlich angestellt wäre. Als Ehrenamtliche möchte ich aber Spaß an der Begegnung haben.“Freude bereite der Kinesiologin der Kontakt mit den Menschen aus den verschiedenen Ländern. Und so wird sie ihr Engagement zukünftig in die Gruppe „Vielfalt“unter dem Dach der Johanniter einbringen. Mit diesem Schritt will Uhl auch die Eigenständigkeit der Ehrenamtlichen hervorheben. „Wir gehören nicht der Stadt. Und wenn wir eigenständig sind, dann wird es auch eine andere Art der Zusammenarbeit geben.“
Inzwischen Erfahrung da
Sozialamtsleiterin Gerlinde Buemann beschreibt die Enwicklung als bedauerlich. „Ich denke, der erste große Andrang von Flüchtlingen hat sicher bei vielen Helfern sehr viel Kraft gekostet – was nicht heißt, dass diese jetzt keine Lust mehr haben, sich zu engagieren. Im Gegenteil, mittlerweile ist die Erfahrung da, was die Flüchtlinge gezielt benötigen.“Viele Ehrenamtliche würden ihr Engagement in Form von Patenschaften für einzelne Flüchtlinge fortsetzen. Für die Stadt sei es dennoch schade, dass keine unmittelbaren Ansprechpartner vor Ort mehr da sind, über die die Stadt Informationen aber auch Fragen kommunizieren könne. Daher wende sich die Stadt derzeit häufiger an die Johanniter. Sie sind für die Sozialarbeit der vorläufig untergebrachten Personen sowie derzeit auch für einen Großteil der Anschlussuntergebrachten zuständig.
Uhl kritisiert indes vor allem die städtische Kommunikationspolitik: „Wenn es um die Weitergabe von Informationen geht, ist der Helferkreis oft ausgeschlossen.“Zudem fühlt sie sich als Helferin vor den Kopf gestoßen, wenn es von städtischer Seite heißt, dass genügend Wohnraum in Bad Waldsee vorhanden sei (die SZ berichtete), faktisch aber auch Bad Waldseer und Geflüchtete Probleme haben, Wohnungen zu finden. Auch die Arbeitsgeschwindigkeiten beziehungsweise -abläufe irritierten Uhl.
Exemplarisch nennt sie den Integrationskurs. Allein die Erlaubnis dafür hätte lange auf sich warten lassen, dann seien allerdings keine weiteren Schritte vorbereitet gewesen. „Am Ende wird es dann wohl so sein, dass wir nach langem Warten einen Kurs mit wohl höchstens 20 Personen zustande bekommen.“Weitere Neuankömmlinge müssten dann doch wieder nach Ravensburg oder Aulendorf fahren. „Es scheint immer alles so schwierig zu sein“, sagt Uhl und schüttelt den Kopf. Um eine bestmögliche Integrationsarbeit leisten zu können, würde Uhl der Stadt dazu raten, einen weiteren Mitarbeiter in diesem Bereich einzustellen.
Dass Kommunikation wichtig und unerlässlich für ein gutes Miteinander ist, betont Buemann und nennt als ersten Ansprechpartner den städtischen Flüchtlingsbeauftragten Ahmed Moussa. Er fiel allerdings krankheitsbedingt drei Monate aus, ist nun aber wieder im Dienst. „Kommunikation haben wir aber auch während seiner Krankheit in Form von Helferkreistreffen, Dankeschön-Festen und Informationsaustausch per E-Mail betrieben“, erklärt Buemann, räumt aber ein, dass es nicht im erhofften Umfang stattfand, und bittet um Verständnis: „Wir tun unser Möglichstes.“
Die Sozialamtsleiterin teilt mit, dass es städtisches Bestreben war und ist, miteinander und nicht gegeneinander zu arbeiten. „Wenn der Eindruck entstanden ist, dass sich der Helferkreis zu wenig informiert und mitgenommen fühlt, tut mir das auch persönlich sehr leid.“
Allerdings sei es den städtischen Verantwortlichen beim Thema der Kommunikation zunehmend schwer gefallen, diejenigen Ehrenamtlichen zu erreichen, die sich nicht mehr offiziell über den Helferkreis engagieren wollten, sondern den Weg des anonymen Helfens wählten.
Café Vielfalt ab 28. Juni
Als erste Maßnahme der Gruppe „Vielfalt“wird das Café Global als Café Vielfalt im Peterskeller fortgesetzt. Ab 28. Juni können sich Interessierte immer mittwochs – außer der Raum ist belegt – von 15 bis 17 Uhr zusammenfinden und einen internationalen Austausch pflegen.
Je nach Nachfrage wäre für die Ehrenamtlichen auch ein Lern-Tisch oder ein niederschwelliges DeutschAngebot vorstellbar. Sowohl für die Deutsch-Kurse als auch den Cafébetrieb sucht die Gruppe jetzt noch Helfer.