Ein paar Wackler und ein Schuss Genialität
Leon Goretzka ist der Gewinner beim 3:2 des DFB-Teams gegen Australien – Leno patzt
SOTSCHI (SID/dpa/sz) - Leon Goretzka blickte seinem trockenen Rechtsschuss für einen Moment nach, dann hatte er Gewissheit: 3:1, sein erster Treffer im sechsten Länderspiel für Deutschland in der 48. Minute beim deutschen Auftakt in den Confed Cup gegen Australien war gleich ein überaus bedeutsamer. Der überragende Schalker stellte die Weichen auf Sieg, am Ende gewann das junge Perspektivteam von Bundestrainer Joachim Löw mit 3:2 (2:1).
„Mehr Torgefahr, das hatte ich mir fest vorgenommen“, hatte Goretzka erst einen Tag vor dem Spiel in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“über mögliches Steigerungspotenzial bei ihm gesagt. Bei Schalke hatte das zuletzt bereits gut geklappt: Nach nur zwei Treffern in der Saison 2015/16 traf er in der abgelaufenen Spielzeit immerhin achtmal. „Aber ich lasse immer noch manche Torchance liegen. Da ist noch Luft nach oben“, sagte er.
Am Montagabend in Sotschi widersprach er sich selbst. Goretzka war dank seines Treffers, überragenden Spielverständnisses, seiner starken Technik und einem unnachahmlichen Gefühl für die Situation der beste deutsche Spieler. Gegen Australien zeigte Goretzka nicht nur seine Torgefahr, er leitete auch das 1:0 von Lars Stindl ein (5.) und holte den Elfmeter zum 2:1 (44.) durch Julian Draxler heraus.
Auch dank dieses guten Schusses Goretzka-Genialität hat die DFB-Elf ihre erste Reifeprüfung beim Confed Cup bestanden. Vor allem in der ersten Halbzeit konnte die Mannschaft spielerisch überzeugen – was auch Löw gefiel. Mit einem Sieg können wir gut leben. In der ersten Halbzeit haben wir sehr gut gespielt, sehr gute Möglichkeiten rausgespielt, haben viel in Laufwege investiert. Schade, dass wir nur 2:1 geführt haben. Ab der 60. Minute haben wir den Faden verloren. Aber für viele war es das erste Spiel in so einem Turnier. Die Gegentore fielen fast aus dem Nichts“, sagte er.
In der Tat. In der ersten Stunde kombinierte die deutsche Mannschaft ansehnlich, sie hätte früh 3:0 oder 4:0 führen können, vielleicht sogar müssen. „Die Spieler haben eine gute Qualität – deshalb sind sie auch hier“, sagte Löw über eine „sehr, sehr gute erste Hälfte“. Vor auch offiziell nur 28 605 Zuschauern im nicht einmal halb gefüllten Stadion offenbarte die Mannschaft aber auch einige Wackler. Torwart Bernd Leno patzte sowohl beim Distanzschuss zum 1:1 durch Tommy Rogic (41.) und beim Abstauber zum 3:2 durch Tomi Juric (56.).
„Chile wird ein anderes Level“
Der eingewechselte Leipziger Timo Werner verpasste mit einem Pfostenschuss die mögliche Vorentscheidung zum 4:2 (75.). Am Ende geriet der deutsche Erfolg bei einigen guten Aktionen der Australier sogar noch in Gefahr – weshalb Löw nach dem Schlusspfiff die Freude über den erhofften Auftaktsieg deutlich anzusehen war. Am Donnerstag geht es in Kasan gegen den Turnierfavoriten Chile (20 Uhr/ARD) praktisch schon um den Gruppensieg. „Da müssen wir uns steigern“, forderte Draxler. „Wir haben das Spiel gut im Griff gehabt und den Ball gut laufen lassen. In der zweiten Halbzeit müssen wir uns ankreiden lassen, dass wir ein bisschen den Zugriff verloren haben. Ganz wichtig war heute, dass wir mit einem Sieg in das Turnier gestartet sind“, sagte auch Goretzka.
Direkt im Anschluss an das Spiel machte sich der DFB-Tross auf zum Flughafen, um nach Kasan zu fliegen. Löw bat noch einmal darum, „die Erwartungen nicht zu hoch zu stecken.“Es ist und bleibt ein Perspektivkader, mit dem er nach Russland gereist ist. Der Confed Cup ist zum lernen da. „Mit dieser neuen Mannschaft haben einige Ansätze sehr gut geklappt“, lobte er aber. Dass es nun gegen das starke Chile geht, gefällt Löw. „Es ist sicher gut, dass nicht alles so gut gelaufen ist heute. Jetzt wissen wir, woran wir arbeiten können. Chile wird ein Spiel auf einem anderen Level. Chile spielt mit einer unglaublichen Variabilität und Intensität, da müssen wir schauen, dass wir die Stabilität über 90 Minuten halten können, nicht nur über 60.“