Mallorca in Angst
Hai-Alarm verunsichert die Touristen am Strand der Insel
MADRID - War es nur ein Hai, der verschiedenen Badebuchten Mallorcas einen Besuch abstattete? Oder waren es sogar mehrere dieser gefürchteten Raubfische, die in den letzten Tagen an den Stränden der Urlaubsinsel gesichtet wurden? Seit am Wochenende ein Blauhai am populären Strand Playa de Palma eingefangen und getötet wurde, sprießen die wildesten Gerüchte über HaiSichtungen an den Stränden der berühmtesten Ferieninsel Europas. Viele Urlauber sind beunruhigt.
„Ein Hai, ein Hai“, riefen die Menschen und sprangen, nachdem sie eine verdächtige Rückenflosse gesichtet hatten, panisch aus dem Wasser. Die Strandwächter scheuchten alle Badegäste aus dem Wasser. Die rote Fahne wurde gehisst, was bedeutet, dass das Baden im Meer verboten ist. Touristen standen am Strand und hielten Ausschau nach dem Hai, der nur wenige Meter vom Ufer entfernt gesehen worden war. Auf dem Wasser kreuzten Boote des Rettungsdienstes und des Küstenschutzes und suchten.
Am Strandabschnitt des zu Palma gehörenden Örtchens Can Pastilla wurden die Suchkommandos fündig und sahen tatsächlich einen Hai, der in aller Ruhe und scheinbar orientierungslos hin und her schwamm. Die Hai-Jäger trieben das Tier zum Ufer, wo ihn Spezialisten des Aquariums von Palma einfingen und betäubten, um ihn zunächst auf Krankheiten oder Verletzungen zu untersuchen. Denn normalerweise nähern sich Haie, die im Mittelmeer leben, nicht den Stränden, sondern bleiben in tieferen Gewässern.
Der Verdacht der Fachleute bestätigte sich: Der rund zwei Meter lange Blauhai, ein Jungtier, war schwer verletzt. Er hatte einen Angelhaken im Maul und eine tiefe Wunde im Körper, die von einer Harpune stammen könnte. Der Riesenfisch hatte wegen seiner Verletzungen keine Überlebenschance mehr. Die Veterinäre entschieden deswegen, den Hai einzuschläfern. Möglicherweise, so glauben Wissenschaftler, war er in schützende seichte Gewässer geschwommen, um nicht selbst von anderen großen Raubfischen gefressen zu werden.
Nun rätseln die Experten, ob es dieser kranke Hai war, der die vergangenen Tage mehrere Strände in der Umgebung der Inselhauptstadt Palma angeschwommen hatte, oder ob sich noch weitere Haie in Mallorcas Küstengewässern herumtreiben. Auch an der Playa Illetes, in der Cala Nova, der Cala Major und auch an der viel besuchten Playa de Palma, dem Ballermann-Strand, war eine Hai-Rückenflosse im Wasser gesichtet worden.
Einige Zeugen wollten sogar einen sehr viel größeren Hai ausgemacht haben als jenen, der in Can Pastilla eingefangen und getötet worden war. Seit einigen Tagen kursieren Dutzende Hai-Videos, gedreht von Mallorca-Urlaubern, in den sozialen Netzwerken. Man weiß nicht von allen, ob sie wirklich authentisch sind. Es scheint fast so, als ob sich ganz Mallorca in diesen Tagen auf Hai-Jagd begeben hat. Der Hai-Spuk ist derzeit das Thema Nummer 1 an Mallorcas Urlauberstammtischen.
Die Sicherheitskräfte an den Stränden nehmen das Thema ernst und sind in Alarmbereitschaft. Die offiziellen Experten vermuten zwar, dass es sich bei allen Hai-Sichtungen immer um denselben Raubfisch handelte – aber man weiß ja nie.
Es ist nicht das erste Mal, dass auf Mallorca Hai-Alarm ausgelöst wird. Wenigstens eine Hai-Sichtung gehört zum typischen Sommer von Mallorca. Meist handelte es sich dabei um kranke und kleinere Tiere. Hai-Angriffe auf Menschen sind in europäischen Gewässern äußerst selten.
Vor zwei Jahren war von der spanischen Kanareninsel Gran Canaria ein Hai-Angriff gemeldet worden. Damals war eine 38-jährige Touristin beim Baden von einem etwa zwei Meter langen Junghai attackiert worden. Die Urlauberin hatte sich etwa 20 Meter vom Ufer entfernt befunden, als der Raubfisch die Frau plötzlich mehrmals in den Oberarm biss. Die Schwimmerin, die nur leichte Verletzungen erlitt, konnte sich losreißen und ans Ufer retten.
Es war der erste Hai-Angriff, der in den vergangenen Jahrzehnten überhaupt von den im Atlantik liegenden Kanarischen Inseln gemeldet wurde. Von Mallorca und den anderen Balearischen Inseln ist in den letzten Jahren kein einziger Hai-Angriff bekannt geworden.