Schwäbische Zeitung (Wangen)

Neue Koalitione­n als Signale an Berlin

In Düsseldorf regiert Schwarz-Gelb, in Kiel sind die Grünen mit im Boot

- Von Andreas Herholz und Agenturen

BERLIN - Entscheide­t das Thema „Ehe für alle“am Ende über die künftige Bundesregi­erung? Erst die Grünen, dann FDP-Chef Christian Lindner und schließlic­h der SPD-Vorsitzend­e Martin Schulz – ein möglicher Koalitions­partner der Union nach dem anderen hat inzwischen die „Ehe für alle“zur Bedingung für die Beteiligun­g an einem Regierungs­bündnis nach der Bundestags­wahl erklärt. Lindner will dies seiner Partei empfehlen, Schulz nur einen Koalitions­vertrag unterschre­iben, der die Einführung der Ehe auch für homosexuel­le Paare vorsieht. Die Union scheint mit ihrer Absage an die „Ehe für alle“weitgehend isoliert zu sein.

Gerade erst zeigten die jüngsten Meinungsum­fragen, dass es im Bund jenseits der Großen Koalition bei der Wahl am 24. September womöglich auch wieder für eine Mehrheit für eine Koalition aus Union und FDP reichen könnte. In Düsseldorf ist es schon jetzt so weit: Der designiert­e Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) und FDPChef Christian Lindner unterzeich­neten den Koalitions­vertrag für eine neue Landesregi­erung. Für dieses Ereignis hatten die Parteien einen Tisch auf eine Wiese am Rhein gestellt, mit dem Landtag als Kulisse.

CDU vermeidet Festlegung

Die Rückkehr von Schwarz-Gelb – ein Signal auch für den Bund? Ein Junktim der FDP – Koalition nicht ohne die „Ehe für alle“– wäre vor allem aus Sicht der CSU eine hohe Hürde für Koalitions­verhandlun­gen. Er bedauere die Forderung der anderen Parteien sehr, weil solch „höchstpers­önliche Entscheidu­ngen“nicht Teil der Parteipoli­tik werden sollten, betonte CSU-Chef Horst Seehofer. Zwar sei die CSU gegen die Diskrimini­erung gleichgesc­hlechtlich­er Lebensgeme­inschaften, doch stehe die Ehe von Mann und Frau unter besonderem Schutz des Staates.

Die CDU will eine Festlegung im Wahlprogra­mm bei dem Thema vermeiden, hieß es am Montag nach den Beratungen von Präsidium und Vorstand in Berlin aus der Parteispit­ze. Doch auch CDU-Vizechef Laschet warnte vor Vorfestleg­ungen. Wenn jetzt einzelne Sachthemen zur Bedingung für Koalitione­n erklärt würden, werde es am Ende gar keine Regierung geben.

FDP pocht auf Bürgerrech­te

Allerdings wäre im Bund auch Schwarz-Gelb kein Selbstläuf­er. Das war die Botschaft eines weiteren Auftritts von FDP-Chef Lindner an diesem Montag. Am Morgen, noch bevor er zur vertragsun­terzeichnu­ng nach Düsseldorf reiste, grenzte er sich auf einer Pressekonf­erenz in Berlin in der Sicherheit­spolitik von der Union ab. Man werde nach der Bundestags­wahl eine ganze Reihe von Sicherheit­sgesetzen der Großen Koalition auf den Prüfstand stellen, sagte Lindner. Mit den Liberalen werde es keine Gesetze geben, „die die Bürgerrech­te mit Füßen treten“. Zuletzt sei dies mit dem sogenannte­n Staatstroj­aner geschehen. Das Gesetz erlaubt es Behörden künftig, nicht nur zur Terrorbekä­mpfung die Kommunikat­ion über Messengerd­ienste wie WhatsApp zu überwachen, sondern auch bei Straftaten wie Mord, Totschlag, Steuerhint­erziehung oder Geldfälsch­ung.

Lindner stellte die Bürgerrech­tsthesen gemeinsam mit Sabine Leutheusse­r-Schnarrenb­erger und Gerhart Baum vor. Auch darin steckt eine Botschaft: Beide zählen zum soziallibe­ralen Flügel, während der Ära Guido Westerwell­e und Philipp Rösler spielten sie bei der FDP eher eine Außenseite­rrolle.

Eine weitere Konstellat­ion, die für die Koalitions­debatte im Bund interessan­t werden könnte, wurde am Montag in Kiel besiegelt. Am Morgen gaben dort die Grünen ihre Zustimmung zu einem Jamaika-Bündnis bekannt. Bei einer Online-Abstimmung sprachen sich 84,3 Prozent der Parteimitg­lieder im Norden dafür aus. Ein Ja der FDP am Abend galt als sicher, die CDU hat bereits auf einem Parteitag grünes Licht gegeben.

Parteistra­tegen der CDU sehen in dem Bündnis mit FDP und Grünen auch im Bund eine Machtoptio­n, um im Falle eines Wahlsieges eine Neuauflage der Großen Koalition zu verhindern. Wenn es für Schwarz-Gelb nicht reicht, wäre das Dreierbünd­nis eine Alternativ­e.

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FOTO: DPA Einigkeit in Düsseldorf: Armin Laschet (CDU, rechts) und Christian Lindner (FDP) unterschre­iben den Koalitions­vertrag für Nordrhein-Westfalen.

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