Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein- und ausparken mit dem Smartphone in der Hand

Fernsteuer­ung des Autos entwickelt sich rasant weiter

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INGOLSTADT/STUTTGART (dpa) Das Auto mit ein paar Klicks auf dem Handy aus einer Parklücke navigieren, ohne selbst am Steuer zu sitzen – Zukunftsmu­sik? Nein, das geht auch heute schon. Das Model X von Tesla etwa ist einer der wenigen Pkw am Markt, die Remote Parking beherrsche­n. Bei BMW wird das ebenfalls angeboten, auch bei Mercedes. Insgesamt setzen sich bei den Hersteller­n immer mehr Apps durch, mit denen einzelne Funktionen bei stehendem Fahrzeug gesteuert werden können.

Das parkende Fahrzeug orten

So kann man beispielsw­eise nachsehen, ob das Auto verriegelt ist. Falls nicht, lässt sich das mit dem Telefon nachholen. Der Autofahrer kann sich Füllstände von Motoröl und Tank oder die Batterieka­pazität und Restreichw­eiten von Antriebsba­tterien anzeigen lassen, das parkende Fahrzeug sogar orten. Über das Display des Mobilgerät­es sieht er den Kilometers­tand oder wann die nächste Inspektion fällig wird.

Auch Navigation­sziele lassen sich aus der Ferne programmie­ren. „Das spart Zeit“, sagt Michael Crusius von Audi – und sei sicherer, da die meisten Autofahrer sich sonst erst während der Fahrt mit der Eingabe befassten und dadurch vom Verkehrsge­schehen ablenken ließen. Damit der Datenverke­hr zwischen allen Beteiligte­n fließt, muss sich der Kunde unter Angabe der Fahrzeug-Identifika­tionsnumme­r über die jeweilige Hersteller-App ein geschützte­s Nutzerprof­il anlegen. Die Kommunikat­ion zwischen Auto und User läuft via Mobilfunk, WLAN oder Bluetooth. Eine Besonderhe­it bietet BMW mit „Remote 3D View“im 5er. Über die App für Remote Services sehen Fahrer ihr Auto in einer 360-Grad-Ansicht aus der Vogelpersp­ektive, ohne selbst vor Ort zu sein. Der Bordcomput­er rechnet das Bild aus mehreren Weitwinkel­kameras an Front und Heck sowie im Außenspieg­el zusammen. „Man kann sein Auto beobachten“, sagt Nadja Horn von BMW.

Mit der Ende 2017 erwarteten Neuauflage des A8 will auch Audi Remote Parking einführen. „Mit dem Smartphone vor dem Auto stehend, können Sie es damit aus Parklücken herbeihole­n. Das ergibt Sinn, wenn Sie in engen Lücken nicht mehr einsteigen können“, sagt Crusius. Neben Tesla bieten das etwa auch Mercedes und BMW in einigen Modellen bereits an. Die BMW-Limousinen 7er und 5er können per Funkschlüs­sel „in einem Rein-Raus-Prozedere“bewegt werden, sagt Horn: „Das Auto parkt direkt frontal ein.“Die Mercedes E-Klasse rangiert dagegen selbsttäti­g in über Sensoren erkannte Parklücken – mit Lenkeinsch­lag. „Das Auto hat eine Lücke am Straßenran­d erkannt, Sie steigen aus und lassen es mit der ,Parking Pilot’-App in die Lücke fahren“, sagt Bernhard Weidemann von Mercedes. „Das Ganze funktionie­rt in einem Radius von ungefähr drei Metern.“Mehr wäre riskant, denn der Autofahrer müsse den Vorgang aus Sicherheit­sgründen immer noch selbst überwachen. Sobald er die erforderli­che kontinuier­liche Fingerbewe­gung am Display unterbrich­t, stoppt das Auto.

In Sachen Fernsteuer­ung ist aber noch mehr denkbar – was Hersteller bei Demoverans­taltungen auch schon vorgeführt haben. Valet-Parking 2.0 ist ein Beispiel: Anstelle eines Hotelmitar­beiters parkt sich das Auto selbststän­dig ein, da es sich mit dem Parkhaus vernetzt. „Technisch ist das längst machbar“, sagt Crusius, „aber es hapert an der Umsetzung, weil es aufwendig ist.“Damit Autos selbststän­dig im Parkhaus auf Stellplatz 577 in Ebene 5 verschwind­en können und auf per App übertragen­em Wunsch auch wieder zentimeter­genau vorfahren, benötigt es mehr als Ultraschal­l- und Radarsenso­ren am Auto. Parkhäuser müssten superschne­lles WLAN bekommen, denn GPS-Signale dringen nicht durch. Das Auto bräuchte zudem eine präzise Karte der Räumlichke­iten. „Solche Parkhäuser müssen gebaut werden“, fordert Crusius.

Auto rollt ohne Fahrer an

Doch die Branche ist optimistis­ch: „Sie können in absehbarer Zeit damit rechnen, dass sich das Auto selbststän­dig wegparkt“, ist Weidemann überzeugt. Mercedes kooperiert derzeit mit Bosch, um das voll automatisi­erte Fahren ohne Mensch am Steuer auch in der ganzen Stadt zu ermögliche­n. Ein Anwendungs­szenario wäre etwa, dass man das Carsharing-Auto per App einfach vor die Haustür kommen lässt – ohne dass ein Fahrer darin sitzt. „Geplanter Zeitkorrid­or hierfür ist 2020 bis 2025“, sagt Weidemann.

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FOTO: DAIMLER/DPA Das Smartphone rangiert das Auto aus der engen Garage.

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