Kein Recht auf Behinderten-Parkplatz
Schwerbehinderter Nesselwanger darf sein Auto nicht auf ausgewiesenen Plätzen abstellen
NESSELWANG - Das Auto bedeutet für Helmut Thieme aus Nesselwang ein Stück Freiheit. Denn laufen kann der 88-Jährige kaum noch – zwei Stöcke sind seine ständigen Wegbegleiter. Durch eine Krankheit hat er Probleme mit den Knien, der Hüfte und dem Rücken, auch ein Herzleiden macht ihm zu schaffen. Dadurch ist er 100 Prozent schwerbehindert und hat auch einen entsprechenden Ausweis. Auf einem Behinderten-Parkplatz darf er sein Auto aber trotzdem nicht abstellen. Das dürfen nur Menschen mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (aG).
In Thiemes Ausweis steht jedoch nur ein G (erheblich gehbehindert). „Diese Regelung ist nicht im Sinne der Betroffenen“, ärgert er sich. Den Status aG erhalten grob gefasst diejenigen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind oder sich nur mit fremder Hilfe fortbewegen können, sagt Josef Betzmeir von der Vergabestelle des Zentrums Bayern Familie und Soziales in Augsburg.
„Es sind hohe Kriterien angesetzt“, sagt Leiterin Marie Klebau. Damit soll garantiert werden, dass immer ein Behinderten-Parkplatz frei ist, wenn er benötigt wird. „Wir machen uns die Entscheidung über einen Antrag aber nicht leicht. Wir wissen, welche Erleichterung das Parken auf einem Behinderten-Parkplatz für die Betroffenen mit sich bringt“, sagt Klebau. Trotzdem seien sie und ihre Mitarbeiter dem Gesetz verpflichtet.
Das Merkzeichen G in Verbindung mit dem Grad 100 im Behindertenausweis von Helmut Thieme, heißt nicht automatisch, dass er zu 100 Prozent gehbehindert ist, erläutert Betzmeir. Bei der Bewertung des Behinderungsgrades komme es nicht nur auf Einschränkungen des Bewegungsapparats an, sondern etwa auch auf Herz- und Lungenerkrankungen. Das könne gebündelt 100 Prozent ergeben. Für das Merkzeichen aG, das für einen BehindertenParkausweis notwendig ist, spielten aber eben noch weitere Faktoren eine Rolle. Auf Hilfsmittel wie einen Rollator, Krücken oder eben Stöcke angewiesen zu sein, reiche da nicht aus. Das würde auf ziemlich viele Menschen zutreffen, gibt Klebau zu bedenken.
„In Bayern gibt es für den Status aG noch eine Art Zwischenlösung, die nicht ganz so hart reglementiert ist“, sagt Betzmeir. Wer einen Grad der Behinderung von 80 allein für Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen hat, bekommt einen dunkelblauen Parkausweis. Dieser gilt nur in Bayern für BehindertenParkplätze und berechtigt zum Parken im eingeschränkten Halteverbot für drei Stunden.
Inwiefern das auf ihn zutrifft, weiß Helmut Thieme derzeit nicht. Dass der Grad 100 nicht nur auf seine Gehbehinderung abzielt, war ihm neu. „Wir prüfen Anträge auch zwei oder drei Mal und bemühen uns“, sagt Klebau und ermuntert dazu, sich bei Fragen jederzeit an die Vergabestelle in Augsburg zu wenden, die für ganz Schwaben zuständig ist. Klebau sei es wichtig, dass die Menschen wenigstens eine verständliche Erklärung bekommen, wenn ihr Antrag abgelehnt werden sollte.