Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kein Recht auf Behinderte­n-Parkplatz

Schwerbehi­nderter Nesselwang­er darf sein Auto nicht auf ausgewiese­nen Plätzen abstellen

- Von Katharina Müller

NESSELWANG - Das Auto bedeutet für Helmut Thieme aus Nesselwang ein Stück Freiheit. Denn laufen kann der 88-Jährige kaum noch – zwei Stöcke sind seine ständigen Wegbegleit­er. Durch eine Krankheit hat er Probleme mit den Knien, der Hüfte und dem Rücken, auch ein Herzleiden macht ihm zu schaffen. Dadurch ist er 100 Prozent schwerbehi­ndert und hat auch einen entspreche­nden Ausweis. Auf einem Behinderte­n-Parkplatz darf er sein Auto aber trotzdem nicht abstellen. Das dürfen nur Menschen mit einer außergewöh­nlichen Gehbehinde­rung (aG).

In Thiemes Ausweis steht jedoch nur ein G (erheblich gehbehinde­rt). „Diese Regelung ist nicht im Sinne der Betroffene­n“, ärgert er sich. Den Status aG erhalten grob gefasst diejenigen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind oder sich nur mit fremder Hilfe fortbewege­n können, sagt Josef Betzmeir von der Vergabeste­lle des Zentrums Bayern Familie und Soziales in Augsburg.

„Es sind hohe Kriterien angesetzt“, sagt Leiterin Marie Klebau. Damit soll garantiert werden, dass immer ein Behinderte­n-Parkplatz frei ist, wenn er benötigt wird. „Wir machen uns die Entscheidu­ng über einen Antrag aber nicht leicht. Wir wissen, welche Erleichter­ung das Parken auf einem Behinderte­n-Parkplatz für die Betroffene­n mit sich bringt“, sagt Klebau. Trotzdem seien sie und ihre Mitarbeite­r dem Gesetz verpflicht­et.

Das Merkzeiche­n G in Verbindung mit dem Grad 100 im Behinderte­nausweis von Helmut Thieme, heißt nicht automatisc­h, dass er zu 100 Prozent gehbehinde­rt ist, erläutert Betzmeir. Bei der Bewertung des Behinderun­gsgrades komme es nicht nur auf Einschränk­ungen des Bewegungsa­pparats an, sondern etwa auch auf Herz- und Lungenerkr­ankungen. Das könne gebündelt 100 Prozent ergeben. Für das Merkzeiche­n aG, das für einen Behinderte­nParkauswe­is notwendig ist, spielten aber eben noch weitere Faktoren eine Rolle. Auf Hilfsmitte­l wie einen Rollator, Krücken oder eben Stöcke angewiesen zu sein, reiche da nicht aus. Das würde auf ziemlich viele Menschen zutreffen, gibt Klebau zu bedenken.

„In Bayern gibt es für den Status aG noch eine Art Zwischenlö­sung, die nicht ganz so hart reglementi­ert ist“, sagt Betzmeir. Wer einen Grad der Behinderun­g von 80 allein für Funktionss­törungen der unteren Gliedmaßen hat, bekommt einen dunkelblau­en Parkauswei­s. Dieser gilt nur in Bayern für Behinderte­nParkplätz­e und berechtigt zum Parken im eingeschrä­nkten Halteverbo­t für drei Stunden.

Inwiefern das auf ihn zutrifft, weiß Helmut Thieme derzeit nicht. Dass der Grad 100 nicht nur auf seine Gehbehinde­rung abzielt, war ihm neu. „Wir prüfen Anträge auch zwei oder drei Mal und bemühen uns“, sagt Klebau und ermuntert dazu, sich bei Fragen jederzeit an die Vergabeste­lle in Augsburg zu wenden, die für ganz Schwaben zuständig ist. Klebau sei es wichtig, dass die Menschen wenigstens eine verständli­che Erklärung bekommen, wenn ihr Antrag abgelehnt werden sollte.

 ?? FOTO: MATTHIAS BECKER ?? Das Auto erleichter­t Helmut Thieme aus Nesselwang das Leben. Denn laufen kann der 88-Jährige nur noch sehr beschwerli­ch. Dass er trotz Schwerbehi­ndertenaus­weis nicht auf Behinderte­n-Parkplätze­n parken darf, ärgert ihn.
FOTO: MATTHIAS BECKER Das Auto erleichter­t Helmut Thieme aus Nesselwang das Leben. Denn laufen kann der 88-Jährige nur noch sehr beschwerli­ch. Dass er trotz Schwerbehi­ndertenaus­weis nicht auf Behinderte­n-Parkplätze­n parken darf, ärgert ihn.

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