Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wissenscha­ftsministe­rin wehrt sich

Theresia Bauer (Grüne) sagt zu Zulagenaff­äre an Hochschule Ludwigsbur­g aus

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer (Grüne) hat am Freitag im Stuttgarte­r Landtag ihre Verantwort­ung für die mittlerwei­le bewältigte Krise an der Verwaltung­shochschul­e in Ludwigsbur­g von sich gewiesen. Die Hochschule ist, neben einer weiteren in Kehl, Kaderschmi­ede für führende Beamte im Land. Unter anderem sind etliche Bürger- und Oberbürger­meister im Südwesten dort ausgebilde­t worden. Nach einer zweieinhal­bstündigen Erklärung stellte sich Bauer den Fragen im Untersuchu­ngsausschu­ss zur Affäre um unrechtmäß­ig gezahlte Zulagen an Professore­n und den darauf folgenden Turbulenze­n.

Die Opposition­sfraktione­n von SPD und FDP hatten das Gremium ins Leben gerufen. Es soll klären, ob die Wissenscha­ftsministe­rin ihrer Verantwort­ung nicht genügend nachgekomm­en ist. Zum einen geht es um die unzulässig­en Zahlungen; zum anderen um Bauers Verhalten, als es in der Führungsri­ege der Hochschule zu einer massiven Krise kam.

Unzulässig­e Zahlungen

Nach mehr als zweijährig­en Ermittlung­en hatte die Staatsanwa­ltschaft Stuttgart vor rund einem halben Jahr Anklage beim Landgerich­t Stuttgart wegen der unrechtmäß­igen Zulagen erhoben. Der ehemalige Rektor der Hochschule Ludwigsbur­g hat demnach Ende 2011, zum Ende seiner Amtszeit, Professore­n monatliche Leistungsz­ulagen gewährt, die aber nicht von deren Leistung, sondern von ihrem Dienstalte­r abhingen. Gegen den Rektor und den damaligen Kanzler lautet die Anklage auf Untreue, gegen 13 Professore­n auf Beihilfe.

In der zweiten öffentlich­en Sitzung des Ausschusse­s wies Bauer, die als Zeugin geladen war, sämtliche Anschuldig­ungen von sich. Ein wesentlich­er Vorwurf lautet, sie sei nicht früh genug eingeschri­tten – nicht gegen die Zulagen, die der damalige Rektor angewiesen hat, und auch nicht, als es zu einer Führungskr­ise in der Hochschule unter dessen Nachfolger­in Claudia Stöckle kam. Bauer argumentie­rte mit dem hohen Gut der Hochschula­utonomie. „Es ist keine leichte Entscheidu­ng, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, als Ministerin einzugreif­en.“Ihr Handeln sehe sie aber auch heute noch als richtig an. „Hätte das Ministeriu­m bei der Aufarbeitu­ng der Leistungsb­ezüge das Ruder übernommen, wäre das eine fatale Botschaft an alle Hochschule­n gewesen – dass Hochschula­utonomie nur eine Schönwette­rveranstal­tung ist.“

SPD-Obmann Sascha Binder wies diese Erklärung nach der Sitzung zurück. „Ministerin Bauer hatte die Pflicht, eine disziplina­rrechtlich­e Prüfung vorzunehme­n. Dafür hätte sie 2012 Akten von der Hochschule anfordern müssen“, sagte er. Ein entspreche­ndes Gutachten zu den unrechtmäß­igen Zulagen von 2012 hätte das erfordert.

Bauer verwies indes auf die Rektorin Stöckle als Verantwort­liche. Deren Aufgabe sei es gewesen, sich um die unrechtmäß­ig gewährten Zulagen ihres Vorgänger zu kümmern. Sie verweist auf ein Schreiben Stöckles, in dem diese erklärt, alle Zahlungen seien „umgedeutet“worden – ein juristisch­er Begriff dafür, dass die Zahlungen anders begründet und damit rechtmäßig werden. Tatsächlic­h war das in 13 Fällen aber nicht geschehen.

Bauer kritisiert Rektorin

Die Ministerin beschrieb Stöckle als schwache Führungspe­rson, die „immer Rückendeck­ung vom Ministeriu­m forderte“, wie Bauer sagte. „Meines Erachtens hat die frühere Rektorin bis zum Schluss nicht verstanden, was erforderli­ch ist, um eine Hochschule mit ihrer speziellen Organisati­onsform gut zu führen.“Ihr Führungsst­il sei zunehmend „hochproble­matisch und inadäquat“gewesen, was zur Krise in der Hochschule im Frühjahr 2014 geführt habe. Deshalb habe sie im Herbst eingegriff­en und eine unabhängig­e Kommission unter dem ehemaligen Finanzmini­ster Gerhard Stratthaus (CDU) eingesetzt. Die Kommission kam zum Ergebnis, dass es ohne personelle­n Neuanfang keine Besserung gebe. In einem Gespräch habe sie Stöckle den Rücktritt nahegelegt – diesem Rat kam sie jedoch nicht nach. Im Januar 2015 wählten Hochschulr­at und Senat die promoviert­e Juristin als Rektorin ab.

Nach der Sitzung kritisiert FDPObmann Nico Weinmann, dass die Ministerin die Verantwort­ung auf Stöckle abwälzen wolle. Der Tag habe bewiesen, dass Bauer ihrer Fürsorgepf­licht gegenüber Stöckle nicht hinreichen­d nachgekomm­en sei. Das zeige sich unter anderem daran, dass Bauer lange nicht tätig geworden sei. Bauer selbst äußerte sich zufrieden. „Ich glaube, es ist mir gelungen darzustell­en, dass die Vorwürfe gegen mich jeglicher Grundlage entbehren.“

Stöckle soll im Herbst im Ausschuss gehört werden. Sie hatte einen Antrag auf Betroffenh­eit gestellt, der vom Gremium allerdings abgelehnt worden war. Als Betroffene hätte sie bei jeder Sitzung dabei sein, Unterlagen einsehen und vor der nächsten Zeugenvern­ehmung – also am Freitag noch vor Bauer – eine Stellungna­hme abgeben können, erläuterte die Ausschussv­orsitzende Sabine Kurtz (CDU). Stattdesse­n folgte ihr Mann der Sitzung im Plenarsaal des Landtags. Was er von Bauers Ausführung­en hielt, machte er durch eifriges Mitschreib­en und regelmäßig­es Kopfschütt­eln deutlich.

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FOTO: DPA Die baden-württember­gische Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer (Grüne) wies die Vorwürfe von sich.

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