Nachsorge erleichtert Start in den Alltag
Familien mit Frühchen: Klinikum und Stiftung Liebenau in Friedrichshafen stellen gemeinsames Angebot vor
FRIEDRICHSHAFEN (sz) - Bessere Unterstützung für Familien mit Frühgeborenen sowie chronisch und schwerstkranken Kindern: Das Klinikum Friedrichshafen und die Stiftung Liebenau kooperieren künftig in Sachen Kindernachsorge. Das gemeinsame Angebot soll betroffene Familien entlasten und ihnen nach der Zeit im Krankenhaus den schwierigen, oft noch unsicheren Start in den Alltag erleichtern.
Im Klinikum Friedrichshafen – ein anerkanntes Level-II-Perinatalzentrum – werden Frühgeborene ab der 29. Schwangerschaftswoche betreut. „Unser Angebot ist von einer hohen Expertise geprägt“, sagt Klinikdirektor Jochen Wolf und verweist auf die enge Verzahnung zwischen Geburtshilfe und Kinderklinik. Im 2010 eröffneten Mutter-KindZentrum sind diese unter einem Dach vereint.
Rund 400 Frühgeborene und erkrankte Neugeborene wurden allein im vergangenen Jahr hier versorgt. Dabei bereite man die werdenden Eltern schon vor der Geburt bestmöglich auf das Leben mit ihrem winzigen, noch unreifen Nachwuchs und die damit verbundenen Herausforderungen vor, berichtet Steffen Kallsen, Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche. Und während der Zeit der intensivmedizinischen Versorgung seien die kleinen Patienten – unter enger Einbindung der Eltern – ärztlich, pflegerisch und bei Bedarf auch psychologisch optimal betreut.
Wenn Eltern alleine dastehen
Doch was passiert nach der Entlassung aus dem Krankenhaus? Die ersten Tage und Wochen zu Hause sind von vielen Veränderungen und Unsicherheiten geprägt, die Eltern sind plötzlich auf sich gestellt – gerade wenn sie auf keine zusätzliche familiäre Unterstützung zurückgreifen können. „Im Klinikum waren sie eine maximale Betreuung gewohnt, nun haben sie auf einmal ganz alleine die Verantwortung“, sagt Kallsen. Einiges muss organisiert werden. Dazu kommen Sorgen um das Kind, offene Fragen zur Gesundheit oder zur Ernährung der Kleinen, und so vieles mehr, um das es sich zu kümmern gilt. Die neue Situation kostet Kraft. Und nicht alle schaffen das alleine. Die Kindernachsorge sei deshalb eine ganz wichtige Säule in der kontinuierlichen Begleitung der betroffenen Eltern und Kindern und ermögliche eine „weichere Landung im Alltag“, so der Chefarzt.
„Für diesen Personenkreis wird damit eine Versorgungslücke geschlossen“, betont auch Helga Raible, Pressesprecherin der Stiftung Liebenau, welche zusammen mit dem „Medizin Campus Bodensee“(MCB) dieses niederschwellige Unterstützungsangebot auf die Beine gestellt hat.
Mussten sich Eltern bisher erst aufwändig nach weiteren Hilfen umschauen, sind bei der Kindernachsorge nun die Wege kurz: Als Ansprechpartnerin ist die Kinderkrankenschwester Sibylle Stein im Häfler Klinikum vor Ort, knüpft dort die ersten Kontakte mit Eltern und gewährleistet so im Bedarfsfall einen reibungslosen Übergang. Die Kosten übernehmen die Krankenkassen.
Bis zu zwölf Wochen lang begleitet das Nachsorgeteam – bestehend aus einer Kinderärztin, zwei Kinderkrankenschwestern, einer Sozialarbeiterin und einem Psychologen – die Familien im häuslichen Alltag, hilft bei Versorgung und Pflege der Kinder, informiert über sozialrechtliche Hilfen und vermittelt weitere Unterstützungsangebote.
Oft geht es auch darum, ganz praktische Dinge in der Anfangszeit zu regeln und die Eltern dadurch zu entlasten, „damit sie mehr Zeit haben, für die Familie da zu sein“, berichtet Nadja Nobis, Leiterin der Kindernachsorge. „Wir geben Familien Sicherheit in einer Situation, die sehr stark mit Ängsten verbunden ist“, sagt Christoph Gräf, Koordinator des Liebenauer Netzwerkes Familie, mit dem sich die Stiftung Liebenau an Familien mit Unterstützungsbedarf richtet. Bereits jetzt – so Gräf – nehmen jährlich 30 bis 40 Familien das Angebot der Kindernachsorge in der Region in Anspruch.