Der Feind im Garten – ein Freund?
Insekten können an der Kaffeetafel zur Plage werden – Doch sie sind nützlich und geschützt
KEMPTEN/OBERALLGÄU - Wenn jemand schon das „gemein“im Namen trägt, kann man nicht viel von ihm erwarten. Der Gedanke schießt einem durch den Kopf, hört man von der „Gemeinen Wespe“. Zumal die als weit unfreundlicher gilt als etwa die „Sächsische Wespe“. Letztere hat den Ruf, friedliebend zu sein. Doch wer kennt schon den Unterschied. Bei vielen sind die flotten Flügler grundsätzlich unbeliebt, ebenso wie Hornissen. Doch darf man die Nester einfach wegmachen, wenn sich die Schwarz-Gelben zum Beispiel im Garten oder einem Rollokasten vor dem Fenster ansiedeln? Keine leichte Frage. Wer solche Nester wann entfernen darf, hängt laut Landratsamt sehr davon ab, um welche Insektenart es sich genau handelt.
Unter Artenschutz: Lästig würden in der Regel zwei Wespenarten, sagt Brigitte Klöpf von der Oberallgäuer Kreisbehörde: Deutsche Wespe und Gemeine Wespe. Nur diese beiden Arten sind demnach scharf auf süßes und anderes Essen. Sozusagen ungeladene Gäste an der Kaffeetafel und bei Grillfesten. Sie fallen unter den allgemeinen Artenschutz.
Unter Naturschutz: Weit strenger geschützt sind alle heimischen Bienen und Hummeln, alle heimischen Kreisel- und Knopfhornwespen sowie Hornissen, die auch zur Familie der Wespen gehören. Sie sind durch das Bundesnaturschutzgesetz geschützt. Und das, betont Klöpf, gelte auch für die Nester.
Lizenz zum Töten: Die geschützten Arten darf man laut Klöpf nur mit Ausnahmegenehmigung töten. Zuständig dafür ist bei Hornissen die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt, bei anderen Arten die Regierung von Schwaben.
Insekten umsiedeln: Selbst für das Umsiedeln geschützter Arten ist eine Ausnahmegenehmigung nötig. Die gibt es wiederum für Hornissen im Landratsamt, für andere Arten bei der Bezirksregierung. Weil Umsiedlungen in der Regel nicht von Erfolg gekrönt seien, gehe es bei der Beratung auch darum, ob sich das Volk vor Ort erhalten lässt, betont Klöpf. Teilweise könnten einfache Maßnahmen wie eine Lenkung der Einflugsrichtung (durch ein Brett) und etwas mehr Rücksicht helfen.
Das Volk verteidigen
Wie das in der Praxis läuft? Falls ein Telefongespräch nicht ausreicht, um Fragen zu klären, schaue man sich die Situation von Mensch und Tier vor Ort an, so Klöpf. Dann fällt die Entscheidung, ob es eine Ausnahmegenehmigung zuungunsten der Insekten gibt. Die Frage ist weniger, wie groß das Nest ist, sondern vielmehr, wo genau sich die Tiere eingenistet haben. Hornissen sind besonders in Nestnähe bereit, ihr Volk zu verteidigen. Klöpf: „Erschütterungen
des Nestes – durch Hämmern, Klopfen und schnelle Bewegungen – machen die Tiere nervös und angriffslustig.“An wen wenden sich Bürger bei
Fragen? Kostenpflichtige Hilfe gibt es beim Kammerjäger und Schädlingsbekämpfer. Der weiß laut Klöpf auch, ob er das Volk vernichten darf. Sollte es sich um eine geschützte Art handeln, wäre dennoch eine Ausnahmegenehmigung nötig. Bürger könnten sich mit Fragen auch an die Naturschutzbehörde im jeweiligen Landratsamt wenden. Die Feuerwehren, die sich früher häufiger eines Wespenproblems annahmen, machten das heute kaum noch. Die Integrierte Leitstelle verweise Anrufer an die Schädlingsbekämpfer.
Sind Wespen nützlich? Als Insektenjäger sind Wespen (und Hornissen) laut Landratsamt Oberallgäu ein wichtiger Teil der Nahrungskette und Schädlingsbekämpfer. Ein starkes Hornissenvolk verfüttere pro Tag bis zu 500 Gramm Insekten an seine Brut. Das ist das Tagespensum von fünf Meisenfamilien. Ein Wespenvolk der Deutschen oder Gemeinen Wespe mit einer Stärke von mehr als 10 000 Tieren braucht die drei- oder vierfache Menge.