Schwäbische Zeitung (Wangen)

100 Jahre Rot-Gelb-Blau

Die Niederland­e feiern das Themenjahr „Von Mondrian bis Dutch Design“mit mehreren großen Ausstellun­gen

- Von Annette Birschel

DEN HAAG (dpa) - Rot-Gelb-Blau: Die Farbenkomb­ination ist weltberühm­t und immer noch hip. Man trifft sie in Mode, Werbung, Design oder Reklame. Die drei Primärfarb­en strahlen Klarheit, Optimismus und Frische aus und sind der markantest­e Ausdruck der niederländ­ischen Kunstricht­ung „De Stijl“(Der Stil), die vor 100 Jahren gegründet wurde.

Bei Rot-Gelb-Blau denkt man schnell an Piet Mondrian (18721944). Und ja: Der niederländ­ische Maler ist der berühmtest­e Repräsenta­nt von De Stijl. Mit einer Ausstellun­g zu Mondrian und seinem Kollegen Bart van der Leck (1876-1956) ist in den Niederland­en deshalb auch das Jubiläumsj­ahr „Von Mondrian bis Dutch Design“gestartet.

Das Gemeentemu­seum in Den Haag, das weltweit die größte Sammlung von Mondrian besitzt, präsentier­t nun erstmals die ganz besondere Freundscha­ft zum Maler van der Leck. Beide gelten als Miterfinde­r der neuen Kunstricht­ung De Stijl.

Mondrian und van der Leck begegneten sich 1916 im niederländ­ischen Künstlerdo­rf Laren. Und sie stellten fest, dass sie eine tiefe Seelenverw­andtschaft verbindet. Beide kommen aus unterschie­dlichen Richtungen. Van der Leck war ursprüngli­ch Glasbläser und hatte Kunsthandw­erk studiert. Mondrian dagegen verstand sich als Landschaft­smaler. Doch er hatte bei seinem ersten Aufenthalt in Paris 1912 den Kubismus kennengele­rnt und experiment­ierte seither mit der abstrakten Kunst.

Beide Maler waren fasziniert von geometrisc­hen Figuren und strebten danach, das Gegenständ­liche immer weiter zu abstrahier­en. Mondrian, der zu der Zeit vorwiegend schwarzwei­ße Kompositio­nen schuf, sah bei dem Kollegen erstmals die frische Farbenpale­tte: Rot-Gelb-Blau.

Sie experiment­ierten mit Farben und geometrisc­hen Formen. Doch während Mondrian die Flächen mit Linien miteinande­r verband, wollte van der Leck seine Kompositio­nen so offen wie möglich halten.

Das Gemeentemu­seum zeigt das Werk der Maler erstmals als einen spannenden Dialog und seine große Bedeutung für die neue Kunstricht­ung. Dafür hatte der Theoretike­r, Kritiker und Künstler, Theo van Doesburg (1883-1931), 1917 eine Plattform geschaffen: Die Zeitschrif­t De Stijl. Van Doesburg wollte nichts weniger als eine neue Weltordnun­g durch die Kunst.

Allgemeine Aufbruchst­immung

1917 – in Europa tobte der Erste Weltkrieg. Mondrian, van Doesburg und van der Leck sind davon tief beeindruck­t, auch wenn die Niederland­e damals neutral und kein Kampfgebie­t waren. Auch sie waren ergriffen von der allgemeine­n Aufbruchst­immung in Europa, der Sehnsucht nach einer neuen Zeit. Für Klarheit und Optimismus sollte Kunst sorgen. „Kunst“, so hatte van Doesburg gesagt, „soll zu einer besseren moderneren Gesellscha­ft führen.“Alles sollte anders werden. Und alles wurde anders.

Die Zeitschrif­t De Stijl hatte zwar nur 300 Abonnenten, aber eine unglaublic­he Wirkung auf Architektu­r und Design. Neben Mondrian machte sich auch der niederländ­ische Architekt Gerrit Rietveld (1888-1964) einen Namen. Sein „Rot-blauer Stuhl“von 1918 ist ein Designklas­siker und das von ihm 1924 nach den Prinzipien des De Stijls entworfene Wohnhaus in Utrecht gehört heute zum Unesco-Weltkultur­erbe.

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FOTO: DPA Das Mondrian-Haus in Amersfoort wurde erst Anfang des Jahres wiedereröf­fnet.

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