Vorwurf: Kommerz statt Sicherheit
Streit um Pläne der Stadt für den Ravensburger Christkindlesmarkt – Bus muss draußen bleiben
RAVENSBURG - Der Plan der Stadtverwaltung, verschärfte Sicherheitsmaßnahmen für den Ravensburger Christkindlesmarkt mit einem neuen inhaltlichen Konzept zu verbinden, hat einen heftigen politischen Streit provoziert. Der Kernvorwurf von Grünen und der SPD: Die Stadt versuche, unter dem Deckmantel der Sicherheitslage die Kommerzialisierung des Marktes voranzutreiben.
Wie die „Schwäbische Zeitung“berichtete, gelten in diesem Jahr sowohl für das Rutenfest wie auch für den Christkindlesmarkt (1. bis 20. Dezember) neue Sicherheitskonzepte. Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember 2016 wurde insbesondere die Gefahr durch einen Anschlag mit einem Lastwagen in alle Überlegungen einbezogen. Polizei und Verwaltung wollen deshalb während des Christkindlesmarktes die Einfahrt zum südlichen Marienplatz sperren. Gleichzeitig soll der verwundbare Bereich vor der Deutschen Bank geräumt und dadurch ein Teil des Marktes auf dem südlichen Marienplatz konzentriert werden. „Das wäre dort eine Aufwertung, wir hätten aus der Not eine Tugend gemacht“, so Bürgermeister Simon Blümcke.
Das hätte Auswirkungen auch auf den Busverkehr: Die Linie 3, die den Ravensburger Süden mit dem Zentrum verbindet und viermal in der Stunde den Marienplatz anfährt, müsste vom Aufbau bis zum Abbau des Marktes umgeleitet werden. Derzeit gibt es Pläne, die Fahrgäste am Hirschgraben aus- und in der Rudolfstraße wieder einsteigen zu lassen.
Die Grünen wollten das Thema im Verwaltungs- und Wirtschaftsausschuss am liebsten gar nicht behandeln, weil ihnen entscheidende Informationen fehlten. Dieser Antrag scheiterte denkbar knapp bei 5:5 Stimmen und einer Enthaltung durch Oberbürgermeister Daniel Rapp. „Das Konzept konterkariert sämtliche Pläne zur Stärkung des ÖPNV. Es geht hier nicht um irgendeine Buslinie, sondern um die stark frequentierte Linie 3 - und das auch noch zur Vorweihnachtszeit“, sagte Maria Weithmann, Fraktionschefin der Grünen. „Und ich habe das Gefühl, dass hier die Sicherheit genutzt wird, um ein anderes Thema zu erledigen.“Maria Weithmann verwies darauf, dass das Wirtschaftsforum pro Ravensburg schon lange den Busverkehr auf dem Marienplatz kritisiere. „Bisher aber hat die Stadt stets standgehalten.“
Zustimmung von Frank Walser, Fraktionschef der SPD: „Ich hatte bisher schon so meine Probleme mit dem Christkindlesmarkt. Er ist sicher ein Frequenzbringer für den Handel, ein Kulturgut ist er ganz sicher schon lange nicht mehr. Wir haben ja über Glühweinorgien schon diskutiert.“Auch Walser formulierte sein Misstrauen klar: „Hier drängt sich der Verdacht auf, die Sicherheit als Aufhänger zu nehmen, um mehr Buden aufstellen zu können.“
Empörung bei der CDU: „Diese Unterstellungen gehen definitiv zu weit“, sagte Gerhard Gieseke. Rolf Engler: „Ich wundere mich sehr über das, was hier gesagt wird.“Engler: „Uns bleibt gar nichts anderes übrig, wenn die Polizei uns dies vorgibt. Wir haben eine gute Lösung für den Bus gefunden. Und für den Christkindlesmarkt bekommen wir eine Weiterentwicklung.“Gieseke: „Die Stadt ist weiterhin erreichbar, von vier Wochen geht die Welt des ÖPNV nicht unter.“
Jürgen Hutterer (Bürger für Ravensburg) warb nüchtern für die Idee der Stadt: „Wer den Weihnachtsmarkt will, der muss auch für die Sicherheit seiner Besucher sorgen.“Oliver Schneider (FDP): „Ich unterstelle keine vorgeschobenen Argumente, aber mir fehlt noch die richtige Lösung für die Fahrgäste – insbesondere auch für Schüler.“
Oberbürgermeister Daniel Rapp und Bürgermeister Simon Blümcke warnten davor, das „Thema zu überhöhen“. „Wir verstecken uns nicht hinter der Polizei, wir reden von Notwendigkeiten“, sagte Rapp. „Der Vorwurf, unsere Argumente seien vorgeschoben, tut mir schon weh“, sagte Blümcke. „Wir tun in Sachen Sicherheit doch nur das, was man tun muss.“Von der Absicht, die Bushaltestelle oder den Busverkehr auf dem Marienplatz grundsätzlich abzuschaffen, könne keine Rede sein. Rapp: „Allerdings können wir wertvolle Erkenntnisse gewinnen für die Zeit, wenn der Marienplatz wegen der Sanierung der Tiefgarage ohnehin nicht befahrbar sein wird.“
Blümcke will jetzt mit allen Fraktionen bis zur Entscheidung im Gemeinderat am 17. Juli noch einmal reden.
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