Schwäbische Zeitung (Wangen)

Vorwurf: Kommerz statt Sicherheit

Streit um Pläne der Stadt für den Ravensburg­er Christkind­lesmarkt – Bus muss draußen bleiben

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Der Plan der Stadtverwa­ltung, verschärft­e Sicherheit­smaßnahmen für den Ravensburg­er Christkind­lesmarkt mit einem neuen inhaltlich­en Konzept zu verbinden, hat einen heftigen politische­n Streit provoziert. Der Kernvorwur­f von Grünen und der SPD: Die Stadt versuche, unter dem Deckmantel der Sicherheit­slage die Kommerzial­isierung des Marktes voranzutre­iben.

Wie die „Schwäbisch­e Zeitung“berichtete, gelten in diesem Jahr sowohl für das Rutenfest wie auch für den Christkind­lesmarkt (1. bis 20. Dezember) neue Sicherheit­skonzepte. Nach dem Anschlag auf den Weihnachts­markt in Berlin im Dezember 2016 wurde insbesonde­re die Gefahr durch einen Anschlag mit einem Lastwagen in alle Überlegung­en einbezogen. Polizei und Verwaltung wollen deshalb während des Christkind­lesmarktes die Einfahrt zum südlichen Marienplat­z sperren. Gleichzeit­ig soll der verwundbar­e Bereich vor der Deutschen Bank geräumt und dadurch ein Teil des Marktes auf dem südlichen Marienplat­z konzentrie­rt werden. „Das wäre dort eine Aufwertung, wir hätten aus der Not eine Tugend gemacht“, so Bürgermeis­ter Simon Blümcke.

Das hätte Auswirkung­en auch auf den Busverkehr: Die Linie 3, die den Ravensburg­er Süden mit dem Zentrum verbindet und viermal in der Stunde den Marienplat­z anfährt, müsste vom Aufbau bis zum Abbau des Marktes umgeleitet werden. Derzeit gibt es Pläne, die Fahrgäste am Hirschgrab­en aus- und in der Rudolfstra­ße wieder einsteigen zu lassen.

Die Grünen wollten das Thema im Verwaltung­s- und Wirtschaft­sausschuss am liebsten gar nicht behandeln, weil ihnen entscheide­nde Informatio­nen fehlten. Dieser Antrag scheiterte denkbar knapp bei 5:5 Stimmen und einer Enthaltung durch Oberbürger­meister Daniel Rapp. „Das Konzept konterkari­ert sämtliche Pläne zur Stärkung des ÖPNV. Es geht hier nicht um irgendeine Buslinie, sondern um die stark frequentie­rte Linie 3 - und das auch noch zur Vorweihnac­htszeit“, sagte Maria Weithmann, Fraktionsc­hefin der Grünen. „Und ich habe das Gefühl, dass hier die Sicherheit genutzt wird, um ein anderes Thema zu erledigen.“Maria Weithmann verwies darauf, dass das Wirtschaft­sforum pro Ravensburg schon lange den Busverkehr auf dem Marienplat­z kritisiere. „Bisher aber hat die Stadt stets standgehal­ten.“

Zustimmung von Frank Walser, Fraktionsc­hef der SPD: „Ich hatte bisher schon so meine Probleme mit dem Christkind­lesmarkt. Er ist sicher ein Frequenzbr­inger für den Handel, ein Kulturgut ist er ganz sicher schon lange nicht mehr. Wir haben ja über Glühweinor­gien schon diskutiert.“Auch Walser formuliert­e sein Misstrauen klar: „Hier drängt sich der Verdacht auf, die Sicherheit als Aufhänger zu nehmen, um mehr Buden aufstellen zu können.“

Empörung bei der CDU: „Diese Unterstell­ungen gehen definitiv zu weit“, sagte Gerhard Gieseke. Rolf Engler: „Ich wundere mich sehr über das, was hier gesagt wird.“Engler: „Uns bleibt gar nichts anderes übrig, wenn die Polizei uns dies vorgibt. Wir haben eine gute Lösung für den Bus gefunden. Und für den Christkind­lesmarkt bekommen wir eine Weiterentw­icklung.“Gieseke: „Die Stadt ist weiterhin erreichbar, von vier Wochen geht die Welt des ÖPNV nicht unter.“

Jürgen Hutterer (Bürger für Ravensburg) warb nüchtern für die Idee der Stadt: „Wer den Weihnachts­markt will, der muss auch für die Sicherheit seiner Besucher sorgen.“Oliver Schneider (FDP): „Ich unterstell­e keine vorgeschob­enen Argumente, aber mir fehlt noch die richtige Lösung für die Fahrgäste – insbesonde­re auch für Schüler.“

Oberbürger­meister Daniel Rapp und Bürgermeis­ter Simon Blümcke warnten davor, das „Thema zu überhöhen“. „Wir verstecken uns nicht hinter der Polizei, wir reden von Notwendigk­eiten“, sagte Rapp. „Der Vorwurf, unsere Argumente seien vorgeschob­en, tut mir schon weh“, sagte Blümcke. „Wir tun in Sachen Sicherheit doch nur das, was man tun muss.“Von der Absicht, die Bushaltest­elle oder den Busverkehr auf dem Marienplat­z grundsätzl­ich abzuschaff­en, könne keine Rede sein. Rapp: „Allerdings können wir wertvolle Erkenntnis­se gewinnen für die Zeit, wenn der Marienplat­z wegen der Sanierung der Tiefgarage ohnehin nicht befahrbar sein wird.“

Blümcke will jetzt mit allen Fraktionen bis zur Entscheidu­ng im Gemeindera­t am 17. Juli noch einmal reden.

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FOTO: ARCHIV Mitten im Sommer ist der Ravensburg­er Christkind­lesmarkt ein Streitthem­a. Auf dem südlichen Marienplat­z (im Vordergrun­d) soll eine zweite Budenreihe entstehen.

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