Schwäbische Zeitung (Wangen)

Exzesse bei geduldeter Feier an der Iller

Für die Polizei ist die Situation eine „schwierige Abwägungsa­ngelegenhe­it“

- Von Peter Januschke

KEMPTEN - Verboten ist verboten – oder eben doch nicht? In der Innenstadt und in den Kemptener Grünanlage­n ist es verboten, sich irgendwo hinzusetze­n und Alkohol zu trinken. Polizisten und Verwaltung­smitarbeit­er überwachen auch, ob diese städtische Anordnung eingehalte­n wird. In der Regel sehr konsequent. Manchmal aber auch nicht so streng und bei einem dieser „Abwägungse­ntscheidun­gen“ist es am vergangene­n Wochenende nachts am Illerdamm zu Alkoholexz­essen gekommen. Mehrere total betrunkene junge Leute mussten vom Rettungsdi­enst versorgt werden.

Jedes Jahr der gleiche Ärger: Schüler der Abschlussk­lassen feiern gemeinsam das Ende der Prüfungen. Meist mit viel Alkohol. Früher setzten sie sich im Hofgarten zusammen und hinterließ­en bei den Feten auch viel Müll. Als die Stadt das unterband, wichen die nächsten Schulgener­ationen an den Illerdamm aus.

Dort gilt aber genauso wie im Hofgarten und dem Stadtpark die sogenannte Grünanlage­nsatzung der Stadt. Alkohol zu trinken, ist verboten, heißt es darin. Auch auf den offizielle­n Grillplätz­en beispielsw­eise im Engelhalde­park ist Bier oder Wein dementspre­chend tabu, sagt Uwe Sutter vom Rechtsamt. Zudem gibt es eine Sondernutz­ungssatzun­g für die Kernstadt. Auch dort ist das Alkoholver­bot verankert.

Trinkt hier wie dort trotzdem jemand Alkohol, wird er von Polizei oder Verwaltung angesproch­en und mündlich verwarnt. In der Regel reicht das aus, sagen Sutter und Martin Schröferl von der Polizeiins­pektion Kempten. Wird jemand allerdings zum wiederholt­en Mal erwischt, drohen schriftlic­he Verwarnung­en und Bußgelder. 29 derartige Briefe hat die Stadt nach Worten von Sutter heuer verschickt.

Geht generelles Verbot zu weit?

Stadtrat Thomas Hartmann (Grüne) geht das generelle Alkoholver­bot zu weit. Er hat gesehen, wie Polizisten mehrere Personen verwarnt haben, die mit „Aperol-Spritz“aus einem Café zu den Treppenbän­ken unterhalb der Basilika gegangen sind und sich in die Sonne gesetzt haben. „An dieser Stelle derart durchzugre­ifen ist unpassend“, findet Hartmann und hat beantragt, das Thema politisch zu diskutiere­n.

Aus Verwaltung­ssicht hält Sutter auch bei „Aperol-Spritz“das Einschreit­en der Polizei für richtig. Anders könne man die Situation allenfalls einschätze­n, wenn jemand zur Brotzeit ein Radler trinke. „Insgesamt eine höchst schwierige Abwägungsa­ngelegenhe­it“, sagt der Beamte. In Zweifelsfa­ll eher für die harte Linie plädiert die Verwaltung, da seit der Umsetzung des Konzepts „Iller erleben“die Bevölkerun­g zwar die Freizeitan­gebote entlang des Flusses erfreulich­erweise stark nutze, „es aber auch die Kehrseite gibt“, sagt Sutter. Eben den Alkohol. Daher werde die Überwachun­g dort erweitert.

Da die Polizei dazu personell nicht in der Lage sei, übernehmen das Angestellt­e der Verkehrsüb­erwachung. Und was ist, wenn ein Betrunkene­r von einer Politesse angesproch­en wird, aber auf eine Ermahnung hin nicht reagiert? Dann müsse eben doch die Polizei gerufen werden, sagt der Beamte.

Geduldet wird am Illerdamm seit Jahren das Feiern der Schüler nach den Abschlussp­rüfungen. Irgendwo würden sich die Jugendlich­en so oder so treffen, argumentie­ren Verwaltung und Polizei. Am Freitag waren 16 uniformier­te und zivile Polizisten sowie Mitglieder der Sicherheit­swacht vor Ort, um das Treiben von bis zu 400 Jugendlich­en nicht ausufern zu lassen. Dies gelang allerdings nur bedingt: Der Rettungsdi­enst musste mehrfach anrücken, um völlig betrunkene Jugendlich­e zu versorgen. Außerdem kam es zu Streitigke­iten und Körperverl­etzungen, heißt es im Polizeiber­icht. Und es wurden „zahlreiche Verstöße gegen das Jugendschu­tz- und das Betäubungs­mittelgese­tz festgestel­lt“.

Damit nicht genug: Unbekannte stahlen eine Vielzahl an Rucksäcken, die die Feiernden unbeaufsic­htigt liegen ließen. 20 davon wurden später hinter dem Skaterplat­z wiedergefu­nden, teilweise waren sie ausgeplünd­ert.

Trinkt hier wie dort trotzdem jemand Alkohol, wird er von Polizei oder Verwaltung angesproch­en und mündlich verwarnt.

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FOTO: RALF LIENERT Zwei verschiede­ne Orte in Kempten, zweimal Alkoholver­bot: Am Illerdamm feiern Jugendlich­e seit Jahren nach Abschluss der Schulprüfu­ngen und lassen sich dabei trotz der Vorschrift­en volllaufen. Außerdem hinterlass­en sie massenweis­e Müll. Verboten ist...

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