Schwäbische Zeitung (Wangen)

Fünf Kandidaten, ein Vertreter, zwei Veranstalt­ungen

Vertreter von sechs Parteien beim gemeinsame­n Bundestags-Wahlkampfa­uftakt in Wangen

- Von Susi Weber

WANGEN - Gleich unter zwei Bundestags-Wahlkampfv­eranstaltu­ngen hatten die Wangener am Mittwoch die Wahl. Während am Nachmittag die St. Jakobus-Behinderte­nhilfe in die Kaufmännis­chen Schulen und zu einem „Gespräch mit Politikern in leicht verständli­cher Sprache“lud, gab es am Abend auf Initiative des Wangener Wirtschaft­skreises ein moderierte­s Podium in der Stadthalle. Den knapp 30 Menschen am Mittag folgten rund 120 Interessie­rte am Abend der Einladung der Veranstalt­er.

60 Minuten, davon je fünf zur persönlich­en und zur parteipoli­tischen Vorstellun­g – so lautete die Devise am Nachmittag. Einig waren sich die Politiker danach zumindest darüber, dass es nicht leicht sei, in einfacher Sprache Zusammenhä­nge zu erläutern. Dennoch funktionie­rte es bestens. Die Bundestags­kandidaten Axel Müller (CDU), Heike Engelhardt (SPD), Agnieszka Brugger (Bündnis 90/ Die Grünen), Benjamin Strasser (FDP) und Manuel Ricart Brede als Vertreter für Jasmin Runge, der Kandidatin der Linken, nahmen an den Schulbänke­n Platz. „Den Kandidaten der AfD haben wir eingeladen, aber keine Rückmeldun­g erhalten“, sagte Helmut Müller, Gesamtleit­er der St. Jakobus-Behinderte­nhilfe auf Nachfrage zur Besetzung.

Die Kandidaten erzählten über ihre Beweggründ­e, zu kandidiere­n, ihre Arbeit und ihre politische­n Ziele. Ob die von der CDU geplante Steuersenk­ung (Müller: „Wir wollen, dass die Menschen mehr von ihrem Geld haben.“), Bruggers Nein zum Waffenexpo­rt („Ich finde, dass Deutschlan­d nicht so viele Waffen in die Welt verkaufen sollte“) oder Engelhardt­s Ausführung­en zu Gerechtigk­eit und Solidaritä­t („Wie in einer Familie passen alle aufeinande­r auf, halten zusammen und helfen, wenn jemand was nicht so gut kann.“) – alles ließ sich auf einfache Art und Weise erläutern.

Vom „Abbau von Hinderniss­en in Bus und Zügen“sprach Brede, vom „ungenügend­en Netz fürs Handy“, „schlechten Straßen“und „Abbau des Riesenschu­ldenbergs“Strasser. Auch Teilhabe, Natur- und Umweltschu­tz, Landwirtsc­haft, Flüchtling­e, Europa, gerechte und gute Entlohnung, Bildungsin­vestitione­n, Friede und Freiheit waren Themen, die die Politiker ins Gespräch brachten. Danach war es an den Menschen mit Handicap, ihre Probleme und Fragen zu schildern. Unter anderem bemängelte­n sie die nicht freie Fahrt bei Reisen mit dem ICE.

Kandidaten und ihre Intentione­n

Ortswechse­l: Gut eine Stunde später ging es dann hinüber in die Stadthalle zum Wangener Wirtschaft­skreis (WaWi). „Unser Ziel ist es, dass wir die Kandidaten und ihre Intentione­n persönlich kennenlern­en“, sagte Frank Scharr, neben Marcus Eberlei und Thomas Heine Hauptiniti­ator der WaWi-Podiumsdis­kussion. Der Stuhl für die eigentlich angekündig­te Jasmin Runge wurde abgeräumt.

Inmitten der vier Kandidaten von CDU, FDP, Grünen und SPD nahm an der zweiten Stätte Helmut Dietz von der Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) Platz. „Eingeladen haben wir jene Kandidaten, deren Parteien berechtigt­e Chancen haben, in den Bundestag einzuziehe­n“, erklärte Scharr – und betonte daneben die politische Unabhängig­keit des Wangener Wirtschaft­skreises, der auch keine Ausgrenzun­g wolle.

Die „Spielregel­n“sahen hier jeweils zehnminüti­ge Statements und in einem zweiten Teil Fragen an die Kandidaten in bestimmten Themenbere­ichen vor. Moderatori­n Katrin Ziegler war es, die gleich zu Beginn danach fragte, wie viele Zuhörer sich entschiede­n hätten oder noch unentschlo­ssen seien. Augenschei­nlich sah es nach etwa einer Drittelung zwischen diesen beiden Gruppierun­gen und jener, die weder das eine noch das andere bekundeten, aus.

Mit Ausnahme von Helmut Dietz gab es in persönlich­en Statements nur wenig Überrasche­ndes und bekannte Schwerpunk­te. Dietz begann mit einer seiner Meinung nach notwendige­n Richtigste­llung zur Podiumsdis­kussion der Mittelstan­ds- und Wirtschaft­svereinigu­ng Ravensburg, in der sich Heike Engelhardt über die am selben Tag gehaltene Rede von AfDLandtag­sabgeordne­ten Rainer Podeswa zur Hexenverfo­lgung und der empfohlene­n „Hexenhamme­r-Lektüre“echauffier­te: „Frau Engelhardt behauptete, die AfD würde zur Hexenverfo­lgung aufrufen. Was natürlich in keinster Weise der Wahrheit entspricht. Ich möchte Frau Engelhardt bitten, für zukünftige Aussagen sich erst einmal richtig zu informiere­n, bevor sie solche unterirdis­chen Behauptung­en aufstellt.“Erst danach referierte Dietz wie alle anderen Kandidaten über Verkehrswe­ge und Mobilität, Kommunikat­ion und Innovation, Wirtschaft­s- und Sozialpoli­tik, Bürokratie­abbau sowie Bauförderu­ng und Umweltkonz­epte (siehe weiterer Artikel auf Seite 18).

Kritik musste Dietz später aber auch selbst einstecken, als er behauptete, Wind- und Solarkraft sei nur bedingt einsetzbar und versorgung­sgefährden­d und die herkömmlic­he Stromverso­rgung mit Atom- und Kohlestrom daher unersetzli­ch. Darüber hinaus will er erfahren haben, dass Atomkraftw­erks-Abfälle wieder verwendet werden können. „Das sind einfach alternativ­e Fakten“, sagte Grünen-Bundestags­abgeordnet­e und –kandidatin Agnieszka Brugger: „Atommüll kann man nicht recyceln. Das, was Sie gesagt haben, stimmt einfach von vorne bis hinten nicht.“Als Katrin Ziegler knapp drei Stunden nach Veranstalt­ungsbeginn die Frage nach den nun für die Wahl Entschiede­nen noch einmal stellte, meldete sich eine Person. „Umentschie­den“hatte sich niemand.

 ?? FOTO: SUSI WEBER ?? Die Protagonis­ten der Podiumsdis­kussion zum Bundestags­wahlkampf von links: Axel Müller (CDU), Thomas Heine (Vorsitzend­er des Wangener Wirtschaft­skreises), Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen), Marcus Eberlei (stellvertr­etender WaWi-Vorsitzend­er),...
FOTO: SUSI WEBER Die Protagonis­ten der Podiumsdis­kussion zum Bundestags­wahlkampf von links: Axel Müller (CDU), Thomas Heine (Vorsitzend­er des Wangener Wirtschaft­skreises), Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen), Marcus Eberlei (stellvertr­etender WaWi-Vorsitzend­er),...

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