Schwäbische Zeitung (Wangen)

Sterben für Wellness-Snacks

In Afrika werden jährlich Tausende Esel geschlacht­et – Eselshaut ist in China sehr begehrt

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MOGOSANE (AFP) - Das Geschäft läuft diskreter als beim Elfenbein, aber es ist genauso lukrativ und mörderisch: In Afrika werden jährlich Tausende Esel für den Export nach China geschlacht­et – denn dort gelten die Inhaltssto­ffe von Eselshäute­n als gesundheit­sfördernd. Tierschütz­ern zufolge sterben die Esel einen grausamen Tod, bevor sie in Hinterhöfe­n und verborgene­n Schlachthä­usern gehäutet werden. In Südafrika wildern Banden die gutmütigen Lasttiere auf den Weiden und sogar in Ställen.

„Früher hatten wir nie dieses Problem, die Esel liefen frei herum, aber jetzt haben die Leute Angst“, sagt George Sising in Mogosani in der landwirtsc­haftlich geprägten Provinz Nordwest. Wie viele arme Dorfbewohn­er verdient der 65-Jährige seinen Lebensunte­rhalt mit den Tieren, sammelt mit einem Eselskarre­n Recycling-Material, Feuerholz und Sand zum Verkauf.

Diebstähle an der Tagesordnu­ng

„Die Jobs hier sind knapp, und Esel sind eine Einnahmequ­elle“, erklärt der 25-jährige Ikgopeleng Tsietsoane. Im Oktober wurden sechs seiner neun Tiere gestohlen, die Wilderer wurden nie gefunden. „Der Diebstahl nimmt uns unseren Lebensunte­rhalt. Wenn nichts getan wird, sind hier bald keine Esel mehr übrig.“Normalerwe­ise kostet ein Esel umgerechne­t rund 29 Euro, doch nun hat sich der Preis verfünffac­ht.

Die Gelatine in Haut und Hufen soll laut traditione­ller chinesisch­er Medizin gegen Anämie und Wechseljah­resbeschwe­rden helfen. Das in China Ejiao genannte Stärkemitt­el wird in heißen Getränken aufgelöst oder mit Nüssen als Snack serviert. China produziert 5000 Tonnen Ejiao pro Jahr, was nach Angaben der Tageszeitu­ng China Daily rund vier Millionen Eselshäute­n entspricht. Im Norden Chinas offerieren Restaurant­s auch Eselfleisc­h – als Burger oder geschmort.

Experten zufolge setzt der internatio­nale Schmuggel inzwischen Millionen Dollar um, während Chinas eigene Eselpopula­tion sich von elf Millionen in den 1990er-Jahren auf sechs Millionen 2013 fast halbierte. Vor allem afrikanisc­he Länder spüren die Folgen des Geschäfts. Vor zwei Monaten entdeckte die Polizei in Johannesbu­rg einen Container mit mehr als 5000 Eselshäute­n – der bisher größte Fund. Seither fanden die Behörden weitere große Lager in der Stadt, was auf einen wachsenden Handel hinweist. „In einem Fall wurden Eselshäute im Hinterhof eines chinesisch­en Gasthauses gefunden“, sagt ein Polizeispr­echer.

Exportabko­mmen mit China

Als Reaktion auf die öffentlich­e Empörung teilte die chinesisch­e Botschaft im Januar mit, es gebe kein chinesisch­es Unternehme­n, das auf legalem Wege Eselshäute aus Südafrika importiere. Doch um den illegalen Schmuggel einzudämme­n, verhandeln die Behörden der Provinz mit der vermutlich größten Eselspopul­ation nun ein Exportabko­mmen mit der chinesisch­en Region Henan.

„Ziel war, Geschäftsc­hancen für Leute in ländlichen Gebieten zu eröffnen, die diese Tiere besitzen“, sagt ein Sprecher der Landwirtsc­haftsbehör­de. Nach der Ankündigun­g schossen die Preise für die langohrige­n Tiere nach oben.

Eine mögliche Legalisier­ung rief die Tierschütz­er auf den Plan, die auf die Brutalität der Schlachtun­g verweisen: „Die Tiere werden auf sehr grausame Weise getötet, mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen oder erstochen“, sagt Kabelo Nkoane von der Highveld Horsecare Unit. Er vergleicht die Situation mit der Wilderei von Nashörnern im Land.

Legal führen bereits das benachbart­e Botsuana sowie Kenia Eselsprodu­kte nach China aus. Namibia will bald einen Schlachtho­f für den chinesisch­en Markt eröffnen. Burkina Faso, Mali, Senegal und Niger erließen hingegen nach der Dezimierun­g ihrer Bestände ein Exportverb­ot für Eselsprodu­kte nach Asien.

„Wenn nichts getan wird, sind hier bald keine Esel mehr übrig.“Ikgopeleng Tsietsoane, Afrikaner

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FOTOS: DPA Esel schleppen in Äthiopien Lasten zum Markt – China importiert jedes Jahr Tausende Eselshäute aus Afrika für die traditione­lle Medizin.
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In Burkina Faso wird eine Ladung von Eselshäute­n transporti­ert.

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