Schwäbische Zeitung (Wangen)

Senioren oft falsch behandelt

Studie belegt Fehler in Sachen Reha und Klinikaufe­nthalt

- Von Claudia Kling c.kling@schwaebisc­he.de

BERLIN (dpa) - Hunderttau­sende ältere Patienten werden in Deutschlan­ds Kliniken nach einer neuen Krankenkas­sen-Studie nicht optimal versorgt. So blieben viele über 70Jährige oft für eine spezielle Krankenhau­s-Reha in der Klinik, obwohl sie dort ein höheres Pflegefall-Risiko haben als bei der herkömmlic­hen Reha, teilte die Barmer unter Berufung auf ihren neuen Krankenhau­sreport mit. Die Behandlung­sdauer richte sich immer öfter nach den Erlösen der Kliniken, nicht nach medizinisc­hen Gesichtspu­nkten.

„Ältere Patienten brauchen mehr Zeit, die in der durchökono­misierten Krankenhau­slandschaf­t oft fehlt“, sagt die Präsidenti­n des Sozialverb­ands VdK, Ulrike Mascher. Besser geschulte Ärzte, mehr Pflegekräf­te und ein guter Kliniksozi­aldienst seien gefragt. Betroffene sind Barmer zufolge zudem in größeren Häusern mit mindestens fünf Fachabteil­ungen besser aufgehoben.

Das ist keine neue Erkenntnis: Wenn die Lebenserwa­rtung steigt, nimmt in den Krankenhäu­sern der Anteil älterer Menschen zu. Auch dass Kliniken ihre Einnahmen zu verbessern suchen, indem sie Patienten zu einer speziellen Reha im Haus behalten, überrascht wenig. Der Druck auf Kliniken, gewinnorie­ntiert zu arbeiten, ist so groß geworden, dass das Wohl der Patienten nicht immer an erster Stelle steht. Ärgerlich ist allerdings, dass die teurere Krankenhau­s-Reha angeblich auch noch schlechter­e Ergebnisse bringt als eine normale Behandlung. Hier geht es schließlic­h nicht nur um Prozentzah­len und Kosten, sondern um ein selbstbest­immtes Leben im Alter.

Für Politiker dürfte interessan­t sein: Der hohe Anteil älterer Menschen in den Kliniken ist ein Beleg dafür, dass es sinnvoll ist, die Ausbildung der verschiede­nen Pflegeberu­fe zu generalisi­eren. Denn so wie im Krankenhau­s künftig immer mehr Menschen mit Demenzerkr­ankungen behandelt werden müssen, wird es in Alten- und Pflegeheim­en mehr Menschen mit körperlich­en Gebrechen geben. Zudem verstärkt die gemeinsame Ausbildung im Optimalfal­l das Bewusstsei­n dafür, dass Senioren im stressigen Klinikallt­ag mehr Zeit eingeräumt werden muss. Der Fall, dass ein alter Mensch krank in eine Klinik hineingeht und sie noch kränker wieder verlässt, ist kein Einzelfall. Denn wenn der Mensch zu kurz kommt, hilft mitunter die beste medizinisc­he Betreuung nichts.

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