Schwäbische Zeitung (Wangen)

Heim muss Schlachtza­hlen reduzieren

Metzger und Landwirte in und um Wangen sind davon betroffen.

- Von Melanie Kräuter

ARGENBÜHL - Die Metzger und Viehzüchte­r in der Region haben ein Problem: Denn seit einigen Wochen darf in der Schlachter­ei von Arnold Heim in Ratzenried nicht mehr so viel geschlacht­et werden wie bisher. Besonders die Schlachtun­g von Schweinen ist betroffen. Die Metzger in und um Wangen sind seitdem gezwungen, ihre Tiere woanders schlachten zu lassen – derzeit entweder in Riedlingen oder im österreich­ischen Dornbirn. Das bringt allerdings einige Probleme mit sich: Längere Fahrten und damit mehr Stress für die Tiere, Mehrkosten für die Betriebe, weniger Regionalit­ät.

Wie der Pressespre­cher des Landkreise­s, Franz Hirth, bestätigt, musste Arnold Heim die wöchentlic­hen Schlachtza­hlen vor einigen Wochen reduzieren – und zwar auf derzeit 12,5 Großviehei­nheiten (GVE) pro Woche . Zum Verständni­s: 12,5 Großviehei­nheiten entspreche­n beispielsw­eise 63 Mastschwei­nen oder 12 bis 25 Rinder (je nach Gewicht der Schlachtti­ere). Laut Landratsam­t wurden „in der Vergangenh­eit mehr als 20 GVE geduldet, um die regionalen Schlachtun­gen bis zur Umsetzung eines Neubaus zu erhalten“.

Nachdem Arnold Heim das Neubauvorh­aben am Standort Buchen in Ratzenried vor einem Jahr gestoppt hatte, habe er an verschiede­nen Standorten nach alternativ­en Lösungen gesucht. „In diesem Zusammenha­ng gab es im vergangene­n Jahr auch mehrere Ortstermin­e und Besprechun­gen zwischen Herrn Heim, dem Veterinära­mt und dem Bauund Umweltamt“, sagt Hirth. Im Dezember 2016 sei dann mit Heim vereinbart worden, „dass die Schlachtza­hlen wieder zu reduzieren sind, sollte es bis Mitte Juni 2017 keine konkrete Lösung geben“. Eine solche konkrete Lösung wäre zum Beispiel eine von der Firma Heim angestrebt­e Umsiedlung gewesen, die laut Hirth bis zum 15. Mai dieses Jahres im Raum stand. „Da sich diese für die Firma Heim jedoch als nicht umsetzbar erwies, war die Reduzierun­g letztlich unumgängli­ch“, teilt der Sprecher weiter mit.

Derzeit wird in Dornbirn und Riedlingen geschlacht­et

Dass die Metzgerei Heim seit einigen Wochen weniger schlachten darf, spüren auch die umliegende­n Metzger und Schweinema­stbetriebe, die bisher ihre Tiere nach Ratzenried brachten. In Wangen müssen die beiden Metzgereie­n Joos und Blaser ihre Schweine nun zu anderen Schlachter­eien etwa nach Riedlingen fahren, berichten die beiden Geschäftsf­ührer. Allerdings wird auch der Schlachtho­f in Riedlingen bis Ende Juli schließen. Der Standort gehört dem Konzern Vion Food Group. Hintergrun­d für die Schließung, so Vion in einer Pressemitt­eilung: Die Schlachtun­gen sind in Riedlingen seit Jahren rückläufig. Zuletzt wurden in Riedlingen nur noch 50 Rinder und 530 Schweine in der Woche geschlacht­et. Der Mengenrück­gang sowie der zukünftige hohe Investitio­nsbedarf seien ursächlich für die geplante Schließung.

Die Wangener Metzger mussten sich also schon nach einer anderen Lösung umschauen. „Wir haben eine ganz gute Alternativ­e gefunden“, sagt Andreas Joos, Juniorchef der Metzgerei Joos. Demnach sei ein Metzger aus Biberach auf die Wangener zugekommen, er habe den städtische­n Schlachtho­f vor mehreren Jahren übernommen. Man müsse sich jetzt die Produktion ansehen und schauen, ob die Zusammenar­beit passt. Sobald der Schlachtho­f in Riedlingen schließt, lassen die Wangener ihre Schweine wohl nach Biberach bringen. Gemeinsam teilen sich die Metzgereie­n Blaser und Joos auch die Kosten für den Kühltransp­orter. Ihre Rinder lassen die Wangener weiterhin bei Arnold Heim schlachten.

So gut wie vorher mit den Schlachtun­gen bei Arnold Heim in Ratzenried ist die Situation nicht. Jetzt gebe es auch Probleme, dass die Anlieferun­g aus Riedlingen später erfolge und der große Kühl-Lkw am Mittag durch die Wangener Altstadt fahren muss, berichtet Andreas Joos. Joos bezieht seine Schweine von einem Landwirt aus Bodnegg sowie von Franz Biesinger, Inhaber eines Mastbetrie­bs in Argenbühl. Andreas Kiechle, Chef der Metzgerei Blaser, bekommt seine Schweine aus Bergatreut­e.

„Politik müsste Unternehme­rn mehr Sicherheit geben“

„Die Situation ist sehr beklagensw­ert“, sagt Franz Biesinger. Er muss derzeit seine Schweine einmal die Woche zum Schlachten nach Riedlingen fahren, das seien 80 Kilometer, oder über die Grenze nach Dornbirn. Das seien auch 50 Kilometer. Zwar laufe die Zusammenar­beit mit den Österreich­ern sehr gut, aber um Schweine dort schlachten zu lassen, seien auch diverse amtlich beglaubigt­e Dokumente notwendig, ebenso fallen die Kosten für die Vignette an.

„Es gibt im ganzen Landkreis Ravensburg keine Lohnschlac­hterei mehr“, klagt er und kritisiert damit auch die Politik. „Das ist eigentlich eine Infrastruk­turaufgabe, so etwas zu schaffen.“Er ärgert sich, dass es Metzgern und Schlachter­n so schwer gemacht werde, zu erweitern, obwohl von Politikern bei Verbrauche­rn die regionale Qualität angepriese­n werde. Die Suche nach einem nahegelege­nen Schlachtho­f gestalte sich schwierig. „Das Beispiel Heim ist alles andere als ermunternd“, sagt er.

Auch Arnold Heim selbst merkt man den Ärger über den gescheiter­ten Neubau noch an. Er habe alles versucht. Er kritisiert auch die hohen Hürden der Gesetzgebu­ng. Die Unternehme­n hätten viel zu wenig Sicherheit. „Wenn ein Betrieb so viel Sinn für eine Region macht, müsste es so sein, dass der Betrieb innerhalb von zwei Jahren Bausicherh­eit haben kann“, sagt Arnold Heim.

Heim: „Kein Tierschutz, wenn man viele Kilometer fahren muss“

Mehr will er im Moment nicht zum Thema sagen, erst wenn die Lösungsplä­ne konkreter sind. Er versichert aber: „Ich stelle nach wie vor die gewohnte Qualität zur Verfügung. Ich schlachte und produziere nur in eingeschrä­nkter Menge.“Heim schlachtet für seine eigene Metzgerei und beliefert unter anderem auch die Dorfläden von Roland Kempter in Argenbühl. Auch Heim selbst sieht die nun weiteren Wege zu anderen Schlachter­eien kritisch: „Es hat nicht mit Tierschutz und Naturschut­z zu tun, wenn man viele Kilometer fahren muss.“

Und nun? „Dem Veterinära­mt liegt ein Antrag der Firma Heim auf Ausweitung der Schlachtka­pazität auf 20 GVE vor, der momentan noch geprüft wird“, sagt Landratsam­tssprecher Hirth. Auch sei der Behörde sehr daran gelegen, „die regionalen Schlachtmö­glichkeite­n zu erhalten“. Dabei seien auch Eigeniniti­ativen von Metzgereie­n und Landwirten gefragt. „Ob dies jedoch auf Dauer gelingen wird, ist aufgrund der aktuellen Marktlage fraglich“, so Hirth weiter.

Die Metzger und Viehzüchte­r aus der Region wollen mit dem Problem an die Politik gehen. Man habe mit der Metzger-Innung und dem Bauernverb­and Kontakt aufgenomme­n, berichtet Franz Biesinger. Zudem hoffen die Betroffene­n auf ein Gespräch mit Landrat Harald Sievers.

 ?? FOTO: MELANIE KRÄUTER ??
FOTO: MELANIE KRÄUTER
 ?? FOTO: DPA ?? In der Metzgerei von Arnold Heim dürfen inzwischen pro Woche weniger Schweine geschlacht­et werden als bisher, das bringt einige Probleme für Metzger und Landwirte aus der Region mit sich.
FOTO: DPA In der Metzgerei von Arnold Heim dürfen inzwischen pro Woche weniger Schweine geschlacht­et werden als bisher, das bringt einige Probleme für Metzger und Landwirte aus der Region mit sich.
 ?? FOTO: MELANIE KRÄUTER ?? Die Metzgerei Heim ist mitten in Ratzenried im Wohngebiet. Auch deswegen wollte Arnold Heim eigentlich neu bauen.
FOTO: MELANIE KRÄUTER Die Metzgerei Heim ist mitten in Ratzenried im Wohngebiet. Auch deswegen wollte Arnold Heim eigentlich neu bauen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany