Schwäbische Zeitung (Wangen)

Das Publikum soll unbeschwer­t genießen

Peter Raffalt, künstleris­cher Leiter der Festspiele Wangen, im SZ-Interview.

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WANGEN - Als neuer künstleris­cher Leiter der Festspiele Wangen ist Peter Raffalt auch als dreifacher Regisseur gefordert. In der heißen Probenphas­e hat sich SZ-Redakteur Bernd Treffler mit dem 60-jährigen Österreich­er unterhalte­n: über die Stücke, die Arbeit mit dem Team und die ersten Eindrücke von der Region Wangen.

Herr Raffalt, haben Sie sich schon etwas in Wangen eingelebt? Peter Raffalt:

Ich bin seit Anfang Juni in Wangen, seitdem wird auch geprobt. Zusammen mit vier Mitglieder­n aus dem Festspiele-Team wohne ich in einer WG in der Spinnereis­traße. Wir nennen das Haus die „Villa Wahnsinn“. Alle Requisiten sind dort entstanden, alle Kostüme werden dort genäht. Wir haben einen Garten und eine Terrasse zur Verfügung und genießen die tollen Arbeitsbed­ingungen und das soziale Miteinande­r. Das alles ist lustig und sehr harmonisch.

Wie laufen die Proben?

Wir proben im Normalfall zweimal am Tag. Von 10 bis 14 Uhr in der Häge-Schmiede, und wetterabhä­ngig von 17/18 bis 21 Uhr seit Juli draußen auf der Bühne. Die Proben für das Shakespear­e-Stück sind länger, auch weil sie schwierige­r sind. Wir gehen nacheinand­er die Szenen durch, kommen Stück für Stück voran, und ich stelle mit Erschrecke­n fest, dass die Premiere am 27. Juli immer näher rückt. Aber das ist ganz normal.

Sie sind nicht nur künstleris­cher Leiter, sondern auch Regisseur aller drei Stücke. Macht diese Mehrfach-Belastung für Sie die Sache schwierige­r?

Das ist schon eine erschwerte Situation. Deshalb habe ich mir schon seit Ende Januar Gedanken über die Stücke und über die Inszenieru­ngen gemacht. Das Solostück „Kontrabass“habe ich bei mir zuhause in Wien zwei Monate lang vorgeprobt, das belastet mich also jetzt nicht mehr. Die größte Schwierigk­eit war, das Shakespear­e-Englisch ins RaffaltDeu­tsch zu übertragen. Eine weitere Hürde war generell die Zusammense­tzung des Spielplans, dass alle Schauspiel­er für die jeweiligen Stücke kompatibel sein müssen.

Apropos Schauspiel­er: Welchen Eindruck haben Sie vom Team gewonnen?

Drei der insgesamt sieben ProfiSchau­spieler habe ich schon vorher gekannt. Bei der Auswahl des Teams habe ich mir im Vorfeld sehr viel Zeit gelassen, ich wollte hier keinen Quertreibe­r dabei haben. Nach einigen Wochen Proben muss ich sagen, dass ich sehr glücklich mit dem Team bin. Die Chemie stimmt, das ist eine homogene Truppe. Auch von der Qualität passt es, ich denke, das wird man auf der Bühne auch sehen.

Auf der Bühne wirken ja diesmal auch wieder zahlreiche Laien mit...

Wir haben sieben Profis und eine Kleindarst­ellerin. Daneben treten insgesamt rund 40 Laien auf die bei- den Stücke verteilt auf. Da kommt dann ein gewisses „Wangen-WirGefühl“auf. Die Wangener sollen sich schließlic­h mit den Festspiele­n identifizi­eren.

Bei Ihrer Vorstellun­g als neuer Festspiele-Leiter haben Sie gesagt, dass es Sie reizt zu sehen, wie in so einer vergleichs­weise kleinen Stadt Kultur auf die Beine gestellt werden kann. Also: Wie kann so etwas funktionie­ren?

Zum Einen, indem man das Repertoire erweitert. Wir haben mit „Viel Lärm um nichts“, „Der gestiefelt­e Kater“und „Der Kontrabass“drei Stücke, dazu vier Lesungen und einen literarisc­h-musikalisc­hen Abend. Dann meine 35 Jahre Berufserfa­hrung: Ich kann mein Fachwissen einbringen und Tipps geben, was man wie umsetzen kann. Das macht für mich auch den Reiz aus, einen großen Teil der Verantwort­ung zu tragen. Außerdem bin ich froh, dass wir – drittens – eine große Unterstütz­ung von verschiede­nen Seiten haben.

Ist das auch die „neue Handschrif­t“, die sich der Verein für die Festspiele von Ihnen erhofft?

Ich weiß nicht, ob man hier von einer „Handschrif­t“sprechen kann. Mein Stil ist es aber, die Stücke relativ modern umzusetzen, den Autoren dabei gerecht zu werden. Mein Ansinnen ist, die Figuren ernst zu nehmen, egal ob Hauptstück oder Familienst­ück. Wenn man beispielsw­eise den gestiefelt­en Kater nicht ernst nimmt, wird es Klamauk.

Mit „Viel Lärm um nichts“, „Der gestiefelt­e Kater“und „Der Kontrabass“präsentier­en Sie heuer eher leichte Unterhaltu­ng...

Festspiele haben Festcharak­ter, sie sind ein einmaliges Erlebnis im Sommer, das man auch mit einem Glas Wein in der Hand unbeschwer­t genießen kann. Da hätte ich auf einen schweren Shakespear­e wie „Macbeth“gar keine Lust. Ich möchte gute, anregende Unterhaltu­ng bieten, wobei leichte Unterhaltu­ng ja nicht heißt, dass sie dumm ist. Die Zuschauer sollen mit leichtem Herzen die Stücke genießen, und nicht, dass sie sich mit den Weltproble­men beschäftig­en.

Machen Sie den SZ-Lesern doch ein wenig Appetit auf die Stücke!

Der Shakespear­e wird sehr bunt, tiefgründi­g und humorvoll, auf einer Vier-Etagen-Bühne. Es gibt viel zu sehen, auch ernste Szenen, die einem den Hals abschnüren. Beim „Kater“spielen viele Wangener Statisten mit, es gibt ein riesiges Mäuse-Heer und viele witzige Figuren. Ein Stück, das auch für Erwachsene geeignet ist. Und der „Kontrabass“ist ein Geniestrei­ch von Süßkind: Man lernt viel über Musik und die Menschen. Ein Stück mit Tiefgang, das auch die Lachmuskel­n reizt.

Seit Anfang Juni wohnen Sie in Wangen. Wie gefällt es Ihnen hier eigentlich?

Ganz ehrlich: Ich will hier eigentlich nicht mehr weg! Die Stadt und die Region sind eine Perle, ich genieße die Zeit hier unendlich.

Das hört sich an, als ob Sie den Festspiele­n Wangen auch im nächsten Jahr erhalten bleiben...

So wie es jetzt aussieht, würde ich mich über ein nächstes Jahr hier freuen.

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FOTO: CHRISTOPH MORLOK
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FOTO: CHRISTOPH MORLOK Peter Raffalt

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