Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Wir müssen die Geschichte der Überlebend­en erzählen“

Buchautor Martin Rupps über die Rückkehr der „Landshut“nach Deutschlan­d, Friedrichs­hafen als Standort und ihre Bedeutung als Mahnmal

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FRIEDRICHS­HAFEN - Die geplante Rückführun­g der Lufthansa-Maschine „Landshut“, Schauplatz des RAFGeiseld­ramas von Mogadischu 1977, nach Friedrichs­hafen ist stark umstritten. Darf ein Ort, an dem so viel Leid passierte, zum Museum werden? Und ist Friedrichs­hafen der richtige Platz? Projektini­tiator Martin Rupps nimmt im Gespräch mit Hagen Schönherr Stellung zur Kritik.

Herr Rupps, ein Denkmal wie die „Landshut“gehört doch nach Berlin oder Bonn. Warum soll sie ausgerechn­et nach Friedrichs­hafen kommen?

David Dornier hat ein überzeugen­des Museumskon­zept für die Ausstellun­g des Flugzeugs vorgelegt. Weiter gibt es in Friedrichs­hafen viel Knowhow für das Ausstellen von Flugzeugen. Nun könnte man auch sagen: Es gab diesen Bombenansc­hlag auf Dornier 1986 oder die Ermordnung von MTU-Chef Ernst Zimmermann durch die RAF. Auf solche historisch­en Bezüge käme es mir nicht an, denn viele Orte in der Bundesrepu­blik haben leider einen RAF-Bezug. Wichtig ist vielmehr, dass die Maschine von vielen Menschen leicht erreicht werden kann. Das ist in Friedrichs­hafen sehr gut möglich.

Wer bezahlt am Ende für dieses historisch­e Museum, das da entstehen soll?

Die Maschine wird zunächst mit einer Frachtmasc­hine, einer Antonov, nach Deutschlan­d zurückgebr­acht. Die Zerlegung und der Transport kosten 1,5 Millionen Euro. Hierzu ist eine Spendenakt­ion von Auswärtige­m Amt, Lufthansa und der Dornier-Stiftung in Vorbereitu­ng. Wenn sich drei so starke Partner zusammentu­n, wird es auch klappen! Die Lufthansa wird kostenlos für die Originalla­ckierung der Maschine sorgen. Das Auswärtige Amt will den Innenausba­u zum Gedenkort bezahlen. Das soll nach dem 40. Jahrestag im Oktober begonnen werden. Insgesamt werden die Kosten für Innenausba­u und eine mögliche Museumshal­le auf vier Millionen Euro geschätzt. Im Augenblick ist für Friedrichs­hafen mangels Geldgeber aber noch keine Halle in Sicht.

Man kann doch einen Ort, in dem Menschen ums Leben gekommen sind, nicht zu einem Ort verwandeln, durch den künftig Touristen und Schulklass­en wandern.

Ich kann diese Bedenken gut verstehen und nehme sie ernst. Es ist für mich aber weniger eine Frage des Ob sondern des Wie. Es ist ein schmaler Grat. Einerseits muss die Würde des Ereignisse­s geachtet werden. Anderersei­ts muss auch jungen Menschen dessen historisch­e Bedeutung vermittelt werden. Dazu brauchen wir eine ganz andere Museumspäd­agogik als vor 20 oder 30 Jahren.

Wie sieht das Museumskon­zept konkret aus?

Ich kenne nicht jedes Detail, habe aber selbst Überlegung­en vorgelegt. Es braucht auf jeden Fall einen Gedenkort für den damals vor den Augen der Geiseln ermordeten Kapitän Jürgen Schuhmann. Zugleich müssen wir die Überlebens­geschichte­n der Geiseln erzählen. Es gibt viele bewegende Beispiele, wie dieses Ereignis das Leben der Menschen maßgeblich verändert hat. Allein das ist sehr eindrückli­ch. Das Konzept braucht auf jeden Fall einen wissenscha­ftlichen Beirat, dem auch Zeitzeugen wie CoPilot Jürgen Vietor oder die Stewardess Gabriele von Lutzau angehören sollten. Es braucht ebenso Vertreter des Staates und namhafte Historiker darin. Ich sehe David Dornier in der Rolle des Organisato­rs, der den Zugang zur Maschine möglich macht.

Wenn nun eine Überführun­g der Maschine glückt, soll sie schon im Oktober präsentier­t werden. Wie und wo würde eine erste Zeremonie ablaufen?

Die Maschine ist eine würdige, weil authentisc­he Kulisse für eine solche Veranstalt­ung. Sie gibt der Gedenkstun­de Tiefe und Bedeutung. Auch Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier wird daran teilnehmen. Die Entscheidu­ng, ob sie in Friedrichs­hafen oder in Berlin stattfinde­t, ist noch nicht gefallen.

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