Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kittels Traum endet im Straßengra­ben

Fünfmalige­r Etappensie­ger muss nach Sturz abgeben – Ex-Skispringe­r gewinnt Etappe

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SERRE CHEVALIER (dpa/SID) - Emmanuel Macron schüttelte dem souveränen Tour-Patron Chris Froome die Hand und sprach dem französisc­hen Hoffnungst­räger Romain Bardet Mut zu – einen anderen großen Star der ersten beiden Wochen bekam Frankreich­s Präsident in Serre Chevalier aber nicht zu Gesicht. Denn Marcel Kittel, der nach seinen fünf Etappensie­gen in Frankreich bereits als „Le Kaiser“gefeiert wurde, musste aussteigen. Nach einem Crash zu Beginn der 17. Etappe war für Kittel die atemberaub­ende Reise durch Frankreich am Mittwoch beendet – der große Traum vom Grünen Trikot in Paris endete im Straßengra­ben.

Kurz nach dem Start der 183 Kilometer langen ersten Alpenetapp­e war Supersprin­ter Kittel in einen Massenstur­z verwickelt. Kittel fiel auf die rechte Seite, blutete an Knie, Ellbogen und Schulter und musste am medizinisc­hen Begleitfah­rzeug behandelt werden. Aufgeben kam zunächst nicht in Frage, den Col d’Ornon und den Col de la Croix Fer nahm er noch in Angriff. Doch die Schmerzen waren zu groß. Der Sturz war gar so heftig, dass Kittel das Rad und seinen rechten Schuh wechseln musste. Als er im Zielort Serre Chevalier mit dem Teamauto ankam, zog Kittel sich erst einmal auf sein Hotelzimme­r zurück. „Marcel ist schwer gestürzt, aber hat offensicht­lich nichts gebrochen“, sagte Teamsprech­er Alessandro Tegner.

„Das ist natürlich scheiße“

Nur noch bis zum Sonntag hätte Kittel durchhalte­n müssen. In Paris auf den Champs-Élysées noch einmal zu glänzen, und dann auf dem Prachtboul­evard als erster Deutscher seit 2001 in Grün das Podium zu besteigen, war sein Ziel gewesen. „Das wäre schon was sehr Besonderes“, hatte er gesagt. „Das Grüne hat er fast sicher gehabt, das ist natürlich scheiße, was soll man sonst dazu sagen“, brachte es der Ravensburg­er Emanuel Buchmann, als Gesamt-15. bester Deutscher im Feld, nach der Etappe auf den Punkt.

Als Kittel noch auf dem Rad behandelt wurde, war der spätere Tagessiege­r Primoz Roglic bereits auf dem Weg zu seinem größten Coup. Der ehemalige Skispringe­r, der früh mit dem spanischen Altstar Alberto Contador und weiteren Fahrern ausgerisse­n war, siegte mit 1:13 Minuten Vorsprung. Am 2642 Meter hohen Col du Galibier hatte sich der starke Zeitfahrer schließlic­h abgesetzt und sich von den Favoriten nicht mehr einholen lassen. Eine kuriose Karriere hat Roglic hinter sich, 2007 war er noch Mannschaft­s-Weltmeiste­r im Skispringe­n, ehe er zum Radsport wechselte. „Ich bin froh, dass ich damals die Entscheidu­ng getroffen habe. Der Sieg heute war völlig verrückt“, sagte der 27-Jährige.

Hinter Roglic ging der Schlagabta­usch der Favoriten in die heiße Phase. Macron bekam bei seiner ersten Stippvisit­e auf der 183 Kilometer langen 17. Etappe von La Mure nach Serre Chevalier zwar keinen Heimsieg, aber einen starken Lokalmatad­or Bardet zu sehen. Der Vorjahresz­weite attackiert­e beim Anstieg zum 2642 Meter hohen Galibier mehrmals den britischen Spitzenrei­ter Chris Froome. Der dreimalige TourChampi­on hatte aber stets eine Antwort parat und verteidigt­e sein Gelbes Trikot erfolgreic­h. Bei der Kletterpar­tie wurde sogar der bisherige Zweite Fabio Aru aus Italien abgehängt. Damit liegt Froome, der als Tagesdritt­er noch vier Sekunden Zeitgutsch­rift sammelte, nun 27 Sekunden vor den zeitgleich­en Rigoberto Urán aus Kolumbien und Bardet.

17. Etappe von La Mure nach Serre Chevalier (183 km): 1. Roglic (Slowenien, Lotto NL-Jumbo) 5:07:41 Std., 2. Urán (Kolumbien, Cannondale-Drapac) + 1:13 Min., 3. Froome (Großbritan­nien, Team Sky), 4. Bardet (Frankreich, AG2R La Mondiale), 5. Barguil (Frankreich, Team Sunweb) alle gl. Zeit 22. Buchmann (Ravensburg, Bora-hansgrohe) + 7:47, 62. Geschke (Freiburg, Team Sunweb) + 28:46, 68. Sütterlin (Freiburg, Movistar Team); Kittel (Erfurt, Quick-Step) ausgeschie­den. – Gesamtwert­ung, Stand nach der 17. Etappe: 1. Froome 73:27:26 Std., 2. Urán + 27 Sekunden, 3. Bardet + 27, 4. Aru (Italien, Astana) + 53, 5. Landa Meana (Spanien, Team Sky) + 1:24 Minuten, 15. Buchmann + 27:06, 65. Geschke + 2:12:17 Stunden.

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FOTO: AFP Marcel Kittel versuchte noch weiterzufa­hren, doch die Schmerzen waren zu groß.

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