Zentralbank vertröstet Sparer
EZB-Chef Draghi hält bis Herbst an Nullzinspolitik fest
FRANKFURT (dpa) - Die Europäische Zentralbank (EZB) will laut ihres Präsidenten Mario Draghi erst im Herbst über mögliche Änderungen der ultralockeren Geldpolitik diskutieren. Der EZB-Rat habe am Donnerstag jedoch einstimmig entschieden, kein genaues Datum festzulegen, so Draghi nach der Sitzung der europäischen Währungshüter in Frankfurt. Bis die Zinsen steigen, dürfte es noch eine ganze Weile dauern. Sparer müssen sich gedulden.
Zunächst halten die Währungshüter ungeachtet drängender Forderungen nach einem Ende der Geldflut an ihrem Kurs fest. Der Leitzins im Euroraum, der seit März 2016 bei null Prozent liegt, bleibt somit weiterhin auf dem Rekordtief. „Es ist wahr, dass unsere geldpolitischen Maßnahmen schon lange laufen, aber sie haben sehr bedeutsame Effekte bewirkt – unsere Geldpolitik war erfolgreich“, rechtfertigte Draghi das Festhalten am Kurs.
FRANKFURT (AFP) - Im Bemühen um eine Beruhigung der Finanzmärkte hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins der Eurozone wie erwartet nicht angetastet. Die EZB beließ den Zins bei null Prozent und hält außerdem an ihrem Anleihekaufprogramm fest, wie die Notenbank nach ihrer Ratssitzung in Frankfurt mitteilte.
Auch die beiden anderen wichtigen Zinssätze der EZB bleiben zunächst unverändert: Lagern Banken ihr Geld kurzfristig bei der EZB ein, statt es an Unternehmen zu verleihen, zahlen sie weiterhin einen Strafzins von 0,4 Prozent. Bei kurzfristigen Kapitalspritzen und sogenannten Übernachtkrediten werden wie bisher 0,25 Prozent Zinsen fällig.
Die EZB setzt außerdem ihr Anleihekaufprogramm fort, das derzeit einen Umfang von monatlich 60 Milliarden Euro hat. Diese Maßnahme werde „bis Ende Dezember 2017 oder erforderlichenfalls darüber hinaus“bestehen bleiben – in jedem Fall aber so lange, „bis der EZB-Rat eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung erkennt, die mit seinem Inflationsziel im Einklang steht“.
„Zunehmend dogmatisch“
Die EZB hatte den zentralen Zinssatz im März 2016 auf den historisch niedrigen Wert von 0,0 Prozent gesenkt, um mit günstigem Kapital Konjunktur und Inflation anzukurbeln. Zuletzt geriet die Notenbank wegen der gestiegenen Inflation aber zunehmend unter Druck, von ihrer lockeren Geldpolitik abzurücken. Bei ihrer vorherigen Sitzung im Juni hatte sie Signale eines Wechsels der Geldpolitik ausgesandt, die Zinssätze aber nicht angetastet. Draghis Pressekonferenz geriet daher zu einem Balanceakt, bei dem er einerseits die Finanzmärkte beruhigen musste, andererseits aber den Weg für eine spätere Abkehr der Geldpolitik nicht versperren durfte. Die Inflation der Eurozone sei noch nicht auf dem gewünschten Niveau, sagte Draghi. „Wir müssen ausdauernd, geduldig und behutsam sein“, fügte er mit Blick auf einen möglichen Wandel der Geldpolitik hinzu. Die EZB strebt eine Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent an. Im Juni lag sie in der Eurozone bei 1,3 Prozent.
Das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigte sich enttäuscht: „Die Weigerung der EZB, ein allmähliches Auslaufen der Wertpapierkäufe auch nur kommunikativ vorzubereiten, wirkt zunehmend dogmatisch“, erklärte das ZEW. Im Umfeld einer guten Kreditversorgung von Unternehmen, einem Konjunkturaufschwung in der Eurozone und einer steigenden Inflation sei diese Geldpolitik „nicht mehr rational“. Die EZB riskiere, die Märkte nicht mehr rechtzeitig auf eine Wende vorbereiten zu können. Der Bankenverband erklärte, sich „zumindest verbal einen weiteren kleinen Trippelschritt in Richtung Ausstieg“aus der expansiven Geldpolitik gewünscht zu haben.