Schwäbische Zeitung (Wangen)

Lange Haft für tödliche Messeratta­cke

Jugendkamm­er des Landgerich­ts stuft die Tat bei der Mittelbibe­racher Fasnet als Mord ein

- Von Markus Dreher

MITTELBIBE­RACH/RAVENSBURG Das Landgerich­t Ravensburg stuft die tödliche Messeratta­cke eines 16Jährigen gegen einen 17-jährigen Besucher des Fasnetsumz­ugs in Mittelbibe­rach als Mord ein und hat den Täter am Donnerstag zu einer Jugendstra­fe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig, sagte der Gerichtssp­recher Franz Bernhard der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Täter und Opfer waren am 11. Februar im Umfeld des Fasnetsumz­ugs in Mittelbibe­rach in Streit geraten. Im Verlauf der Auseinande­rsetzung zückte der zur Tatzeit 16-Jährige ein Messer mit sieben Zentimeter langer Klinge und stach dem Opfer nach Überzeugun­g des Gerichts „gezielt“in den Unterleib, so der Sprecher. Dabei wurde unter anderem eine Beckenarte­rie durchtrenn­t und das 17jährige Opfer verblutete trotz einer mehrstündi­gen Notoperati­on.

Opfer war arg- und wehrlos

Die Jugendkamm­er des Landgerich­ts, die unter Ausschluss der Öffentlich­keit verhandelt hatte, sah das Mordmerkma­l der Heimtücke erfüllt: Das Opfer sei überrascht worden, dass der 16-Jährige im Verlauf der „relativ leichten Auseinande­rsetzung“ein Messer gezückt habe, sagte Bernhard; deshalb habe sich das Opfer nicht wehren können.

Damit ging das Gericht über die Anträge der Staatsanwa­ltschaft und der Nebenkläge­r hinaus. Die Staatsanwa­ltschaft und der Vertreter der Familie des Opfers hatten auf Totschlag plädiert und eine Jugendstra­fe von acht Jahren gefordert. Die Verteidigu­ng hatte nach Auskunft des Gerichtssp­rechers auf Körperverl­etzung mit Todesfolge plädiert und drei bis vier Jahre Haft gefordert. Das Jugendstra­frecht war zwingend anzuwenden und der Strafrahme­n reicht hier bis zehn Jahre, sagte Bernhard.

Außer der „Ausnutzung der Argund Wehrlosigk­eit“des Opfers spielte für die Bewertung des Gerichts eine Rolle, dass der Messerstic­h mit erhebliche­r Wucht und zielgerich­tet in den Unterleib geführt worden sei. Die Richter sehen daher mindestens einen bedingten Tötungsvor­satz. Anders hätte das Messer nicht durch drei Schichten Kleidung neun Zentimeter tief in den Körper dringen können, sagte der Gerichtssp­recher unter Berufung auf einen Sachverstä­ndigen. „Dieser hat klar gesagt, dass so etwas nicht zufällig passiert, dafür muss man bewusst einige Kraft aufwenden“, sagte Bernhard. Von einem fahrlässig­en und unglücklic­hen Geschehen, wie es die Verteidigu­ng dargestell­t habe, kann nach Überzeugun­g der Richter keine Rede sein. Im Nachhinein lasse sich sagen, dass das Opfer aufgrund der Schwere der Verletzung­en bei Einlieferu­ng ins Krankenhau­s keine Überlebens­chance mehr gehabt habe und der Kampf der Ärzte aussichtsl­os gewesen sei.

Alkohol trübte Einsicht nicht

Der 16-Jährige sei zur Tatzeit leicht alkoholisi­ert gewesen, jedoch sei seine Einsichts- und Steuerungs­fähigkeit nicht in forensisch relevanter Weise eingeschrä­nkt gewesen. Er hat nach Überzeugun­g der Richter „im Tat- und Nach-Tat-Geschehen zielgerich­tet gehandelt“.

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