Pädagogen helfen Sprache auf die Sprünge
Lehrermangel macht sich auch bei der Sprachheilschule Arnach bemerkbar
ARNACH - Wenn Nicole Noack und Melanie Hege ihren Schülern etwas erklären, sprechen sie jedes Wort besonders deutlich und ein bisschen langsamer als gewohnt. Die beiden Lehrerinnen unterrichten heute Religion in der zweiten Klasse. Es geht um eine Geschichte aus der Bibel.
Die Schüler malen Bilder aus und basteln. „Das ist der Pharao“, sagt einer der Schüler ein bisschen undeutlich und hält sein Bild in die Luft. „Der Pha-ra-o“, wiederholt Noack langsam. Noack und Hege sind Lehrerinnen an der Sprachheilschule in Arnach. Sprachimmanenter Unterricht nennt sich der Ansatz, den die beiden Pädagoginnen verfolgen. Langsames Sprechen, einfache Sätze und immer wieder wiederholen steht hier genauso auf dem Lehrplan wie Mathematik, Deutsch und Sport.
In der Sprachheilschule werden von der ersten bis zur vierten Klasse Schüler mit verzögerter Sprachentwicklung, fehlerhafter Wort- und Satzbildung, Kinder mit organisch bedingten Sprachstörungen, zum Beispiel durch Näseln oder Zungenspalten oder Kinder mit Redeflussstörung, unterrichtet. Unterrichtet wird ganz normal nach Grundschullehrplan. Doch sprachlich werden die Unterrichtsstunden so angepasst, dass die Schüler das Gesprochene auch verarbeiten können. „Die Kinder hören das Gesagte zwar, können die Inhalte aber nicht immer aufnehmen“, erklärt Heidi Doubek, Rektorin der Sprachheilschule Arnach. Oder: Die Kinder werden im Alltag beim Sprechen schlichtweg nicht verstanden. Das führt zu Missverständnissen und Frustration. Probleme, die mit dem angepassten Unterricht in Arnach auf lange Sicht für die Kinder verschwinden sollen. „Man muss dann den Unterricht so aufbauen, dass die Schüler diesem auch folgen können“, erklärt Doubek.
20 Minuten Einzeltherapie
Zusätzlich zum Unterricht erhält jedes Kind 20 Minuten pro Woche Einzeltherapie, bei der die Schüler ganz nach ihren individuellen Bedürfnissen gefördert werden. Darüber hinaus gibt es Sonderförderung in Fächern wie Mathe. „Das Kind wird immer da abgeholt, wo es ist“, sagt Doubek, „Wenn das Kind langsamer lernt, dann geht es mit dem Stoff auch langsamer voran“. Jeder Schüler lernt in seinem eigenen Tempo. Damit das funktioniert, sind immer gleich zwei Lehrerinnen pro Klasse eingeteilt: eine Grundschullehrerin und eine Sprachheillehrerin.
Gemeinsam kümmern sie sich um Klassen mit durchschnittlich zwölf Schülern. „Das Ziel ist, dass die Schüler mit ihrer Sprache so umgehen können, dass sie später auch auf einer Realschule, Gemeinschaftsschule oder Gymnasium bestehen können“, sagt die Rektorin.
Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Grundschulen: es gibt deutlich mehr Unterrichtsstunden. Zum Beispiel jeweils acht für Mathematik und Deutsch pro Woche, anstatt fünf und sechs – ein Ganztagsangebot. „Die Nachfrage an der Stammschule geht eher nach oben, obwohl wir gedacht haben, dass die Zahl nach der Einführung der Inklusionsklassen zurückgeht“, so Doubek. In Arnach gibt es derzeit fünf Klassen, dazu kommen jeweils eine Kleinklasse in Kißlegg und in Niederwangen.
Doch der Lehrermangel im Land macht sich auch in Arnach bemerkbar. Die fachbezogene Sonderförderung von 45 Minuten pro Woche konnte Doubek in diesem Schuljahr ihren Schülern nicht anbieten, weil ihr schlichtweg kein Lehrer zur Verfügung stand. „Wir könnten noch zwei Sprachheillehrer einstellen. Die Stellen können wir aber derzeit nicht besetzen“, sagt Doubek, „Das ist schon ein Manko“. Dennoch hofft Doubek, den Sonderunterricht im kommenden Schuljahr wieder anbieten zu können.