Tunnelblick – früher und heute
Die Freudenberg-Unterführung in Kempten ist saniert worden – Wie das Bauwerk entstand
KEMPTEN - Viele Kemptener können es kaum glauben: Der Freudenberg-Tunnel ist tatsächlich saniert worden. Bis gestern war die Fußgängerunterführung unter dem Freudenberg – in der Stadt als „Schandfleck“bezeichnet – gesperrt. Frische Farbe, neue Beleuchtung und eine gründliche Reinigung sollen den Tunnel heller werden lassen. Einer, der das besonders wohlwollend registriert, ist Bruno Steinmetz. Wohl niemandem in Kempten liegt dieser Tunnel so sehr am Herzen wie dem langjährigen Tiefbauamtsleiter der Stadt. Denn die Unterführung ist „sein Kind“, war seine Idee – und mit seinem Engagement hat er erreicht, dass das Bauwerk sogar von angrenzenden Geschäftsleuten mitfinanziert wurde.
Den Leiter des Tiefbauamts von 1960 bis 1994, hat das „Desinteresse“in der Verwaltung besonders geärgert. Schließlich weiß er wie kein anderer, wie der Tunnel überhaupt entstanden ist. 1964 war das, erzählt Steinmetz, damals gab es keinen Ring, sondern nur Hauptverkehrsstraßen wie die alte B 12 von der Beethovenstraße bis zur St.-MangBrücke. „Der ganze Verkehr floss durch die Innenstadt“, erinnert sich der 85-Jährige.
Als dann das Kaufhaus Quelle ankündigte, das damalige Hotel „Deutscher Kaiser“zu kaufen und dort am Eck sein Warenhaus zu eröffnen, befürchtete der damalige Tiefbauamtschef enorme Probleme für die Fußgänger an der Stelle. Denn mit Oberpaur, der Hypo-Vereinsbank und dem Tröger-Haus war in diesem Bereich schon genug Publikumsverkehr. Das damals florierende QuelleUnternehmen würde das noch verstärken.
Wer sollte das bezahlen?
So entstand die Überlegung, die Fußgänger unter dem Freudenberg hindurch zu leiten – und einen Tunnel zu bauen. Sein damaliger Chef, Oberbürgermeister August Fischer, fand das gut. Nur: Wer sollte das bezahlen? Auch da hatte Steinmetz eine Idee. Die Anlieger, fand er – und machte sich auf den Weg nach Fürth, dem Quelle-Hauptsitz. Quelle erklärte sich bereit, den Tunnel mitzufinanzieren. Unter einer Bedingung: Auch die anderen Geschäftsleute müssten in die Tasche greifen. Und das taten sie. Der Stadt blieben laut Steinmetz von insgesamt 1,04 Millionen Mark (umgerechnet 530 337 Euro) gerade mal 433 459 D-Mark (also 221 624 Euro). Ein Bauwerk, das man heute für dieses Geld nicht mehr bauen kann, ist der Experte überzeugt. Und das, obwohl ein riesiger Kanalbau gemacht werden musste, alle Versorgungsleitungen unter der Erde verlegt werden mussten. 1965 wurde der Tunnel eröffnet.
Umso mehr ärgert es Steinmetz, dass man den Tunnel hat vergammeln lassen. Zwar wurde hin und wieder ein bisschen aufgefrischt und nach dem Einzug von Reischmann ins Oberpaur-Haus der unterirdische Gang dorthin plus Treppe zugeschüttet – doch prinzipiell habe sich niemand groß engagiert. Und das, obwohl die Stadt sich in den Verträgen mit den Geschäftsleuten verpflichtet habe, diesen Raum öffentlich zugänglich zu halten.
Was jetzt geplant ist nach der Sanierung, für die 60 000 Euro zur Verfügung stehen? Langfristige Konzepte müssen laut Wirtschaftsreferent Richard Schießl noch diskutiert werden. Dazu steht immer noch Immobilienmakler Florian Gaukel zur Verfügung, der sich gastronomische „Highlights“vorstellen kann. Geplant ist laut Schießl erst einmal „Kunst im öffentlichen Raum.“Eine Idee, die den „Vater des Freudenberg-Tunnels“skeptisch blicken lässt. „Aber Hauptsache, es ist etwas, das die Leute anlockt“, sagt er.