Die Mehrheit hält an der Demokratie fest
Laut Studie wäre der Erfolg einer Populismus-Kampage wie die des US-Präsidenten Trump hierzulande undenkbar
BERLIN - In Deutschland haben sich lange Zeit Montag für Montag Tausende auf Straßen und Plätzen versammelt, um gegen das politische Establishment, gegen Europa und eine angebliche Islamisierung zu protestieren. Die AfD, die mit rechtspopulistischen bis rechtsradikalen Aussagen auf Stimmenfang geht, kletterte in Umfragen nach oben und feierte Erfolge bei den Landtagswahlen.
Die Populisten sind in Deutschland dennoch nicht auf dem Vormarsch. Das besagt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die am Dienstag vorgestellt wurde. Zwar gilt knapp jeder Dritte (29,2 Prozent) hierzulande empfänglich für Populismus, der größere Teil (36,9 Prozent) jedoch nicht. 33,9 Prozent vertreten teilweise populistische Ansichten.
Die Experten sehen im Populismus eine Ideologie, die die Gesellschaft aufteilt in das „reine Volk“auf der einen Seite und die „korrupte Elite“ auf der anderen. Die übergroße Mehrheit der Deutschen (85 Prozent) bekennt sich laut Studie zur Demokratie und hält auch an der Europäischen Union fest.
Der Erfolg einer Wahlkampagne gegen Berlin und die politische Klasse, ähnlich wie die des US-Präsidenten Donald Trump in Washington, sei hierzulande undenkbar, so das Resultat der Analyse. Davon sei das politische Klima in Deutschland weit entfernt. „Populisten in Deutschland sind häufig enttäuschte Demokraten – aber keine radikalen Feinde der Demokratie“, erklärt einer der Autoren der Studie, Robert Vehrkamp. Moderater Protest ja, aber keine radikale Ablehnung – populistische Tendenzen seien beim Wahlvolk nicht mehrheitsfähig.
1600 Wahlberechtigte befragt
Von Juli 2015 bis März 2017 haben die Autoren der Studie mehr als 1600 Wahlberechtigte nach ihren politischen Präferenzen und Einstellungen befragt. Mit systemablehnenden und antipluralistischen Forderungen und Einstellungen ließen sich in Deutschland keine Mehrheiten erzielen, heißt es in der 80 Seiten starken Studie.
Die befragten Wahlberechtigten sollten acht Aussagen , etwa zur Kritik am politischen Establishment oder zur Annahme eines allgemeinen Volkswillens, zustimmen oder ablehnen. „Die Parteien wollen nur die Stimmen der Wähler, ihre Ansichten interessieren sie nicht“, lautet etwa eine der Thesen. Oder: „Wichtige Fragen sollten nicht im Parlament, sondern in Volksabstimmungen entschieden werden.“Wer allen acht dieser Aussagen zustimmt, gilt als Populist. Wer allerdings nur einer widerspricht, fällt bereits aus dem Raster.
Dennoch gibt es unter den Wählern auch Protest und Kritik, aber keinen radikalen Populismus. Je näher die Bundestagswahl rückt, desto geringer scheint die Bereitschaft zu sein, etwa Rechtspopulisten wie der AfD zu folgen. Kritik gibt es auch an der EU und ihren Institutionen. So geht mehr als drei Vierteln etwa der Erweiterungsprozess zu weit.
Auffällig ist, dass bei Anhängern von Union und den Grünen der Anteil an Populisten am geringsten sein soll, so die Autoren der Studie. „Mit den Grünen steht eine unpopulistische Partei links von der Mitte zur Wahl und mit CDU/CSU eine unpopulistische Partei leicht rechts von der Mitte“, heißt es in der Analyse.