Pilzbefall: Bäume sterben einen langsamen Tod
Forstamtsleiter Honold klagt: Viele heimische Eschen betroffen
MEMMINGEN - Mit einem dichten, leuchtend-grünen Blätterdach präsentieren sich im Sommer die heimischen Eschen. Sie können 200 Jahre alt und 40 Meter hoch werden. Normalerweise. Doch an vielen Exemplaren sieht man bereits jetzt welke Blätter und aus den Baumkronen ragen kahle Äste – die Bäume sind krank. Der Befall durch einen Pilz „führt zu einem schleichenden Tod“, klagt der städtische Forstamtsleiter Stefan Honold.
Nach seinen Worten hat sich die Situation im Vergleich zum vergangenen Jahr verschlimmert. Er zeigt auf den Waldrand: „Überall tote Eschen.“Im Amendinger Stadtwald mussten kürzlich aus Sicherheitsgründen erneut Bäume gefällt werden. Den Befall entdeckte man in Bayern erstmals 2008. Im Herbst, wenn die Blätter fallen, zersetzt das weiße Stengelbecherchen – ein Pilz – das Laub. Im Jahr 2008 schien es anders zu sein. „Zunächst wusste man nicht, weshalb der sonst nützliche Pilz nun plötzlich die Bäume befällt“, sagt Honold. Erst 2010 konnte man den Krankheitsauslöser bestimmen: das „falsche weiße Stengelbecherchen“– ein Pilz aus Asien, der dem heimischen zum Verwechseln ähnlich sieht.
Vermutlich durch importierte Eschenpflanzen hat er sich laut Honold seinen Weg nach Europa gebahnt. „Solche Erreger nehmen zu, aber unsere Baumarten wissen darauf keine Antwort.“Während der Pilz für Bäume in Asien harmlos sei, besäßen die heimischen keine Abwehrstrategie dagegen. Honold spricht von einer Begleiterscheinung der Globalisierung: Zwar gebe es Kontrollen bei der Einfuhr von Waren, dennoch gelangten immer wieder Erreger durch die Schleusen.
Der Befall durch das „falsche weiße Stengelbecherchen“beginnt im Sommer. Pilzsporen werden mit dem Wind weitergetragen und infizieren zuerst die Blätter. Das Blatt verfärbt sich und wird welk. „Der Pilz befällt die Zweige und geht dann ins Holz“, erklärt Honold. Bereits im Herbst oder Frühjahr verfärbt sich daraufhin die Rinde. Sie wird beige-braun bis orange-braun. Dies zeige, dass an betroffenen Stellen die Wasserzufuhr unterbrochen ist. „Je älter ein Baum, umso langsamer stirbt er ab“, sagt der Forstamtsleiter. Als Gegenreaktion treibt der Baum neue Triebe und Blätter aus und in der Krone stehen kahle, abgestorbene Äste Büscheln mit vermehrtem Blattwuchs gegenüber.
Ist der Baum infiziert, kann er sich nicht mehr gegen andere Erreger schützen. Als Folgeschädling nistet sich etwa der Pilz Hallimasch im Baum ein und lässt ihn von innen verfaulen. Wenn Bäume betroffen sind, umstürzen könnten und darum ein Risiko darstellen, müssen sie Honold zufolge gefällt werden. Speziell an Wegen oder Häusern sollte man laut Honold befallene Eschen nicht zu lange stehen lassen. Neben der Gefahr verursacht der Pilzbefall wirtschaftlichen Schaden: „Die Esche ist ein super Holz für Fußböden, Treppen oder Möbel“, sagt Honold. Doch durch das Eschentriebsterben sei der Markt geflutet und die Preise für das Holz befänden sich im Sinkflug.
Bisher könne man dem Pilzbefall wenig entgegensetzen. „Außer die Esche nicht mehr zu pflanzen“, sagt Honold: „Und weiter auf Mischwälder zu setzen. So ist das Risiko kleiner, wenn eine Baumart ausfällt – auch finanziell.“Dem Eschentriebsterben werde aber nicht tatenlos zugesehen. Forscher arbeiteten auf Hochtouren, denn etwa fünf bis zehn Prozent der Bäume seien nicht befallen. Man hoffe, dass sie gegen den Pilz immun sind und versuche, resistente Eschensamen zu gewinnen.
„Aber letztlich wissen wir noch nicht, ob die Eschen nur noch nicht vom Pilz befallen wurden oder ob sie tatsächlich immun sind.“