Schwäbische Zeitung (Wangen)

Jugendlich­e renovieren den „Alten Bahnhof“

Die Fenster und Türen im Lindenberg­er Jugendhaus sind abgeschlif­fen, die Wände neu gemalt

- Von David Specht

LINDENBERG - Es riecht nach Lack und Farbe, auf dem Boden sind Tücher und Zeitungen ausgelegt, auf dem abgedeckte­n Billardtis­ch sammeln sich leere Farbeimer: Zwei Wochen lang haben Jugendlich­e dem „Alten Bahnhof“in Lindenberg einen neuen Innenanstr­ich verpasst. Statt beige-gelb mit Graffiti sind die Wände nun weiß mit orangen und grünen Streifen, Türen und Fensterrah­men glänzen in einer neuen Lackierung.

Das Abschleife­n der Türen und Fensterrah­men und weitere kleinerer Renovierun­gsarbeiten hatten die Jugendlich­en bereits in den vergangene­n Monaten erledigt. Die Malerarbei­ten dauerten wie geplant zwei Wochen. Die ersten drei Tage waren Fachleute einer Lindenberg­er Malerfirma vor Ort, die den Helfern erklärten, worauf es beim Streichen ankommt. Eine perfekt gestrichen­e Wand erwarteten die Betreuer aber nicht. „Wir arbeiteten mit Jugendlich­en, die teilweise noch nie einen Pinsel in der Hand hatten“, sagt Leiter Markus Börner.

Enttäuschu­ng über wenig Helfer

Täglich arbeiteten zwischen zwei und zehn Jugendlich­e mit – das ist wenig. Enttäuscht ist Sozialpäda­goge Michael Fischer vor allem darüber, dass von den regelmäßig­en Besuchern kaum einer beim Umbau geholfen hat. Normalerwe­ise tummeln sich etwa 30 Jugendlich­e am Tag rund um das Gebäude am Stadtplatz, bis zu 80 Prozent davon haben Migrations­hintergrun­d. „Die hatten genauso wenig Lust zu helfen wie die Deutschen“, sagt Fischer. Die Betreuer haben aber auch Verständni­s, dass sich die Jugendlich­en bei sonnigem Wetter lieber an den Waldsee legen als zu streichen.

An drei Tagen hat Timo Baldauf Kanten abgeklebt und selbst den Pinsel geschwunge­n. Normalerwe­ise ist er so gut wie jeden Tag im Jugendhaus. „Wegen der Musik und weil es hier gemütlich ist“, meint der 17-jährige Berufsschü­ler aus Scheidegg. „Die Betreuer haben gesagt, was es zu tun gibt. Man kommt, wann man will, und geht, wenn man keinen Bock mehr hat“, erzählt Baldauf.

Positiv finden die Betreuer, dass auch Jugendlich­e mitangepac­kt haben, die bisher kaum einen Bezug zum Jugendhaus hatten. Einer davon ist Justin Ettmeyer. Normalerwe­ise ist der Zwölfjähri­ge nur drei Mal pro Jahr im Alten Bahnhof – genau so oft hat er in den vergangene­n zwei Arbeitswoc­hen mit angepackt. „Ich war beim Umbau dabei, weil ich gern male“, sagt er.

Besucher vermissen Graffiti

Nicht allen Besuchern gefallen die neu gestrichen­en Wände. „Davor sah es besser aus, mit den ganzen Graffiti“, findet etwa Jana Kowalski. Die 15Jährige aus Scheidegg verbringt im Jugendhaus Lindenberg regelmäßig ihre Nachmittag­e. Das in Zukunft wieder einmal ein Graffiti die Wand im Alten Bahnhof ziert, ist laut Börner und Fischer durchaus möglich. Das Jugendhaus steht in gutem Kontakt zu einem Graffiti-Künstler aus Vorarlberg, der bereits mehrere Workshops in Lindenberg angeboten hat. Zunächst einmal wolle man die Wände aber eine Zeit lang „strahlen lassen“(Fischer).

Die Betreuer wollen Ende August noch den Boden im Hauptraum abschleife­n. Im Herbst soll dann ein Tag der offenen Tür stattfinde­n. Der Termin ist noch offen.

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FOTO: DAVID SPECHT Jugendlich­e verpassten dem „Alten Bahnhof“in Lindenberg einen neuen Innenanstr­ich. Unter den Helfern waren (von links) Timo Baldauf, Sophia Parisi, Jana Kowalski und Ayleen Jocham.

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