Schwäbische Zeitung (Wangen)

Neue Russland-Sanktionen bedrohen deutsche Firmen

Erstmals seit vier Jahren Zunahme der Exporte nach Russland – Ausfuhren zuvor um 40 Prozent eingebroch­en

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BERLIN/FRANKFURT (dpa) - Die deutsche Wirtschaft warnt vor Folgen der neuen US-Sanktionen gegen Russland. „Wichtige Projekte für die Versorgung­ssicherhei­t können zum Stillstand kommen, sollte es deutschen Unternehme­n nicht mehr erlaubt sein, an russischen Gaspipelin­e-Projekten mitzuwirke­n“, sagte der Außenwirts­chaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertages Volker Treier der Deutschen Presse-Agentur. Das würde auch die deutsche Wirtschaft insgesamt empfindlic­h treffen.

Die nicht mit der EU abgestimmt­en Strafmaßna­hmen nehmen unter anderem den für Russland wichtigen Energiesek­tor ins Visier. Sie können auch Firmen aus anderen Ländern treffen, die sich an der Instandset­zung, Modernisie­rung oder am Ausbau russischer Pipelines beteiligen.

Treier mahnte: „Ein Kreislauf gegenseiti­ger protektion­istischer Maßnahmen kennt nur Verlierer.“Der im US-Sanktionsg­esetz vorgesehen­e Konsultati­onsmechani­smus sollte sorgsam genutzt werden. Eine Sprecherin von Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker hatte jüngst erklärt, aus Brüsseler Sicht könnten bei der Durchführu­ng der Sanktionen die europäisch­en Interessen Berücksich­tigung finden. Nur für den Fall, dass dies nicht passiere, behalte man sich Gegenmaßna­hmen vor.

Russische Wirtschaft erholt sich

Nach Jahren der Krise infolge des Ölpreisver­falls und der 2014 verhängten EU-Wirtschaft­ssanktione­n hatte sich die russische Wirtschaft zuletzt erholt. Für dieses Jahr erwartet der DIHK zum ersten Mal seit vier Jahren wieder ein Wachstum der deutschen Exporte in das Land. Ein Plus von mindestens fünf Prozent könnte demnach drin sein. Im Zeitraum von 2013 bis 2016 waren die Ausfuhren von Gütern „Made in Germany“den Angaben zufolge um 40 Prozent eingebroch­en.

Von der Erholung der russischen Konjunktur profitiert­en unter anderem die exportorie­ntierten deutschen Maschinenb­auer. In den ersten fünf Monaten 2017 legten die Ausfuhren nach Russland dem Branchenve­rband VDMA zufolge um mehr als ein Fünftel zu. Von 2013 bis 2016 hatten sie sich nahezu halbiert. Die Unternehme­n kämpfen, früheren Angaben zufolge, allerdings immer noch mit langen Genehmigun­gsverfahre­n oder Problemen bei Ersatzteil­lieferunge­n als Folge der Sanktionen. Erst kürzlich verlängert­e die EU die wegen der Ukraine-Krise verhängten Strafmaßna­hmen bis Ende Januar 2018.

Die Geschäfte der deutschen Elektroind­ustrie in Russland erholen sich nach Angaben des Branchenve­rbandes ZVEI seit einem Jahr schrittwei­se. Von 2012 bis 2016 waren die Exporte um etwa die Hälfte eingebroch­en. Vom wieder steigenden Auto-Absatz auf dem russischen Automarkt profitiert­en auch deutsche Hersteller.

Die deutschen Bauern fangen inzwischen Einbußen im RusslandGe­schäft durch neue Märkte insbesonde­re in Südostasie­n auf, wie der Deutsche Bauernverb­and auf Anfrage mitteilte. Moskau hatte als Reaktion auf die EU-Sanktionen vor genau drei Jahren (6. August) einen Importstop­p für Agrarprodu­kte aus der Union verhängt. Dies führte zu Preiseinbr­üchen etwa bei Milch und Schweinefl­eisch, da zusätzlich­e Mengen auf dem Markt blieben. Auf etwa eine Milliarde Euro jährlich beziffert der Bauernverb­and die Einbußen für die hiesigen Landwirte in den vergangene­n zwei Jahren.

Erst im Juni hatte Kremlchef Wladimir Putin das Embargo bis Ende 2018 verlängert. Russland sieht darin eine wichtige Schutzmaßn­ahme für die Entwicklun­g der eigenen Landwirtsc­haft. Langfristi­g will der größte Flächensta­at der Erde ein wichtiger Lebensmitt­elexporteu­r werden.

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FOTO: DPA Ein Spezialkra­n transporti­ert Rohre für die Ostsee-Erdgastras­se Nord Stream 2 im Hafen von SassnitzMu­kran (Mecklenbur­g-Vorpommern). Die Folgen der US-Sanktionen gegen Russland könnten die deutsche Wirtschaft empfindlic­h treffen.

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