Bierflasche auf Kopf zertrümmert
Opfer erleidet Kopfwunde, ist dem Freund aber nicht böse: „Das kann passieren“
OBERALLGÄU (kmf) - Von einer „sehr kuriosen Geschichte“spricht Richterin Brigitte Gramatte-Dresse, bevor sie das Urteil am Amtsgericht Sonthofen verkündet. Ein 33-jähriger Immenstädter schlug einem Freund mit einer leeren Bierflache auf den Kopf, nachdem beide friedlich beim Abendessen zusammengesessen hatten. Der Täter entschuldigte sich, und das Opfer ging nach Hause, als sei nichts geschehen. Trotz Schnittwunden an Kopf, Bauch und Arm. Richterin Gramatte-Dresse verurteilte den Immenstädter wegen schwerer Körperverletzung zu einem Jahr Gefängnis. Die Strafe wurde sechs Monate zur Bewährung ausgesetzt.
Alles fängt ganz harmlos an. Ende März dieses Jahres sitzen der Angeklagte, dessen Freund und ein Bruder des Freundes in der Wohnung einer Bekannten in Immenstadt beim Abendessen. Als die Gastgeberin und der Bruder des Opfers zum Rauchen auf den Balkon gehen, greift der Angeklagte zu einer leeren Bierflasche und zertrümmert diese auf dem Kopf des Opfers.
„Als ich zurück in die Wohnung kam, war überall Blut“, berichtet die 26-jährige Gastgeberin. Sie will einen Krankenwagen rufen, doch das lehnt das Opfer ab. Obwohl er aus einer vier Zentimeter langen Wunde am Hinterkopf blutet und am Bauch und Oberarm von dem Angeklagten mit der zerbrochenen Flasche verletzt wird. „Ich bin dem Angeklagten nicht böse. So etwas kann schon mal passieren. Vielleicht waren wir nach ein paar Bier ja betrunken“, sagt das Opfer.
„Stellen Sie sich vor, der Angeklagte hätte ein Messer statt der Flasche in der Hand gehabt. Dann würden Sie wohl nicht mehr hier sitzen“, sagt Richterin Gramatte-Dresse. Wahrscheinlich habe er „eine Panikattacke oder einen Blackout“gehabt, verteidigt sich der Angeklagte. Außerdem sei er betrunken gewesen.
Die Gastgeberin fährt das Opfer nach der blutigen Attacke nach Hause und verständigt die Polizei. Als die Beamten in der Wohnung des Geschädigten nach den Gründen der Verletzungen fragen, sagt dieser, er sei hingefallen und habe sich dabei verletzt. Die Wunden hat die Mutter versorgt. Nachdem dem 34-Jährigen schwindelig wird und er über Kreislaufbeschwerden klagt, rufen die Polizeibeamten einen Krankenwagen, der den Verletzten ins Krankenhaus bringt. Bei den weiteren Ermittlungen nennt das Opfer dann doch die wahren Gründe seiner Verletzungen. Die Gesetzeshüter klingeln anschließend bei dem Täter und ordnen eine Blutprobe an. Diese ergibt eine Alkoholkonzentration von 1,38 Promille.
Auch die Staatsanwältin schüttelt ob der kuriosen Tat und der sonderbaren Reaktion des Opfers den Kopf. Aufgrund von zahlreichen Vorstrafen wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln plädiert die Staatsanwältin auf ein Jahr Gefängnis mit einer Bewährung von neun Monaten.
Großes Glück gehabt
Richterin Gramatte-Dresse schließt sich dieser Forderung an, verkürzt die Bewährung aber auf sechs Monate, da der Angeklagte in geordneten Verhältnissen lebe und sich in den vergangenen zehn Jahren nichts zuschulden habe kommen lassen. Ferner muss er 3000 Euro Strafe an die Lebenshilfe Sonthofen zahlen. „Sie haben großes Glück gehabt. Stellen Sie sich vor, Sie hätten das Opfer mit der gesplitterten Flasche an einer Halsschlagader getroffen. Der Geschädigte wäre innerhalb von zehn Minuten verblutet“, sagt die Richterin.