Die Hintergründe der Schlammschlacht um das Traditionsunternehmen aus Pfullendorf
Die Motive von First Epa: Warum gründet eine frühere Finanzchefin unterstützt vom Ex-Vorstandschef eine Holding und sammelt Investoren, um mit deren Geld Forderungen ihres ehemaligen Arbeitgebers aufzukaufen? „First Epa wurde mit dem Ziel gegründet, die finanzielle Stabilität und operative Perspektive für die Zukunft der Alno AG sicherzustellen“, sagt Ipek Demirtas (Foto: dpa). „Alno war für mich mehr als ein Job. Das Unternehmen und die mehr als 2000 Menschen sind mir ans Herz gewachsen. Ich weiß um das Potenzial der gesamten Firma und der einzelnen Standorte. Deshalb meine Rückkehr als Unternehmerin.“Tahoe sieht das anders: Das Vorgehen erkläre sich aus der Enttäuschung einer entlassenen Managerin. Sie habe mehrere Jahre lang Zeit gehabt, das Unternehmen in die richtigen Bahnen zu lenken, heißt es bei der Prevent-Tochter.
Die Frage nach der Macht: Nach Angaben von Ipek Demirtas habe Alno im Sommer 2016 nie nach einem Aktionär gesucht, der die Kontrolle übernimmt. Vielmehr habe es ein Konzept zur Kapitalerhöhung gegeben, das aus zwei Teilen bestand: Einer Umwandlung von Schulden in Eigenkapital in Höhe von 50 Millionen Euro und einer Ausgabe neuer Aktien gegen eine Bareinlage im Wert von 35 Millionen Euro. Für diese Bareinlage sei Tahoe vorgesehen gewesen – und mit dem Konzept hätte ein neuer Investor auch nie die Kontrolle übernehmen können. Ein Tahoe-Manager sagte der „Schwäbischen Zeitung“, dass ihm dieser Plan nie vorgelegt worden sei. „Wir haben die klare Aussage gemacht: Wenn wir so viel Geld in die Hand nehmen, wollen wir die Kontrolle.“Man sei bei Alno langfristig orientiert, erachte es als lohnendes Investitionsobjekt und wolle Geld verdienen. Auf das Unternehmen sei man gestoßen, weil es ein Schwergewicht im Markt mit einer starken Marke sei.
Die Rolle von Marc Bitzer: Marc Bitzer (Foto: OH) ist der für das operative Geschäft zuständige Vorstand bei Whirlpool und wird im Oktober Vorstandschef des US-Haushaltsgeräteherstellers mit einem Jahresumsatz von rund 18 Milliarden Euro. Alno ist ein Kunde von Whirlpool, der dem Konzern im Jahr Geräte für rund 40 Millionen Euro abnimmt. Zudem hielt Whirlpool bis Oktober 2016 gut 14 Prozent der Anteile von Alno, die dann auf Tahoe übergingen. Nach Angaben aus dem Umfeld von Tahoe mussten alle entscheidenden Verhandlungen zwischen Alno und Tahoe mit Bitzer persönlich abgestimmt werden. Zumeist war er bei den Gesprächen per Telefon zugeschaltet. Im Juli 2016 ließ Bitzer einen Tahoe-Manager im WhirlpoolPrivatjet von New York nach Chicago einfliegen. Tahoe geht davon aus, dass die Schulden, die Alno bei Whirlpool hatte und die sich nach Schätzungen von Branchenexperten auf bis zu 80 Millionen Euro belaufen könnten, nun alle bei First Epa liegen. Ipek Demirtas erklärt das hohe Engagement Bitzers für den schwäbischen Küchenbauer mit „einer gewissen Wertschätzung und Verbundenheit von Seiten Alnos, die vermutlich von Herrn Bitzer und Whirlpool geteilt wird“. Bitzer selbst wollte keine Fragen der „Schwäbischen Zeitung“nach den Gründen für sein Verhalten oder nach möglichen weiteren Geschäftsbeziehungen zwischen ihm und First Epa beantworten, ließ nur durch seinen Sprecher ausrichten, dass der frühere Alno-Gesellschafter Christoph Dietsche nicht sein Studienfreund sei. Man habe zwar gemeinsam in St. Gallen studiert, habe sich aber nur flüchtig gekannt. Dietsche hielt bis Juli rund sieben Prozent an Alno.
Das Müller-Bitzer-Darlehen: Nach Angaben aus dem Umfeld von Tahoe habe Max Müller (Foto: dpa) Forderungen gegenüber Alno von Whirlpool in Höhe von 8,1 Millionen Euro zum Nominalpreis gekauft, Geld sei nie geflossen. Die Bezahlung wurde gestundet: Müller habe an Whirlpool Zinsen von drei Prozent gezahlt, von Alno Zinsen in Höhe von sechs Prozent erhalten. Bitzer und Müller wollten sich zu dem Darlehen nicht äußern. „Wie man aktuell anhand der Insolvenz sehen kann, birgt das Engagement auch Risiken. Ob die Zinsdifferenz, das Risiko gerechtfertigt hat, ist zumindest fraglich“, schreibt Demirtas auf Anfrage zu dem fraglichen Darlehen.
Der Sondervertrag Max Müller: Nach Angaben aus dem Umfeld von Tahoe hat sich Max Müller vom Aufsichtsrat einen Vertrag absegnen lassen, nach dem er 850 000 Euro erhält, wenn er einen Investor wie Tahoe holt. Ipek Demirtas bestätigt, dass ein solcher Vertrag geschlossen wurde: „Ein Geldbetrag dieser Größenordnung wurde vom Alno-Aufsichtsrat am 23. August 2016 beschlossen. Er entspricht 2,5 Prozent des Darlehensbetrags von 35 Millionen Euro, den Tahoe Alno zur Verfügung zu stellen beabsichtigte.“(ben)