Dokumentarfilme von Ai Weiwei, Daniel McCabe und Ryuichi Sakamoto
Sanft gleiten sie dahin, zoomen heran, zoomen weg, fliegen wie ein Vogel. Manchmal guckt man direkt hinunter in die Tiefe auf Flüchtlingslager, wo die Menschen wie kleine Läuse flink umherkrabbeln, und einem höheren Willen zu gehorchen scheinen. Es sind Bilder von Kamera-Drohnen. Vom Himmel hoch, da kommt sie her, die Kamera, die Kunst des Ai Weiwei.
„Human Flow“, der Film des chinesischen, in Berlin lebenden Künstlers und Dissidenten handelt von der globalen Flüchtlingssituation. Unbestreitbarer Pluspunkt ist, dass der Film uns Ruhe zur Beobachtung gibt, uns etwas entdecken lässt. Nachrichten sind zugetextet. Das ist hier anders. Was dem Chinesen gelungen ist: Sein Film gibt uns eine Ahnung von der Dimension des Themas. Das hat zwar etwas Deprimierendes, etwas Aufwühlendes und Aktivierendes aber auch.
Der größte Malus ist die unsägliche Selbstinszenierung des Künstlers: Auf einem Flüchtlingsschiff macht Ai Weiwei Selfies mit einem Flüchtlingskind, und lässt sich dabei filmen. Immerzu ist ein Assistent im Bild, der Taschentücher reicht oder ein Wasser. Dazu sind die Bilder viel zu schön, viel zu lackiert, alles hält wohlig auf Distanz.
Daniel McCabes Dokumentarfilm ist das Gegenteil von „Human Flow“. Ein Film, der nicht an der Oberfläche bleibt, nicht moralisiert, keine Botschaften formuliert, sondern zeigt: den Dreck, die Hässlichkeit der Verhältnisse. Der Film ist nahe dran. Erzählt wird anhand mehrerer Akteure von Geschichte und Gegenwart des Kongo: ungesehene, faszinierende Bilder, spannendes Dokumentarkino. Eine wunderschöne Hommage ist „Ryuichi Sakamoto: Coda“, ein Selbstporträt des berühmten japanischen Komponisten, der seit den 1970er-Jahren unvergessene FilmSoundtracks schrieb: „Merry Christmas Mr. Lawrence“, „Der letzte Kaiser“, „Der Himmel über der Wüste“, zuletzt „The Revenant“. Man sieht ihn bei der Arbeit, auf Konzerten, bei Recherchen in Fukushima – kein ungewöhnlicher Film, aber sensibel und kluge Entspannung zwischen den (notwendigen) Katastrophenbildern anderer Produktionen auf dem Festival. (sus)