Acht Jahre Haft für Vergewaltiger
28-Jährige musste in Kempten ein Martyrium über sich ergehen lassen: „Ich hatte Todesangst“– Er verletzte sie mit einem Messer
KEMPTEN - Zu acht Jahren Haft wegen Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung sowie Bedrohung hat die Große Strafkammer des Kemptener Landgerichts einen 38-Jährigen verurteilt. Zudem muss er wegen seiner Alkohol- und Drogenabhängigkeit in eine Entziehungsanstalt.
Der Mann hatte in der Nacht zum 30. Juni vergangenen Jahres in seiner Wohnung in Kempten eine 28 Jahre alte Bekannte vergewaltigt, mit einem Messer verletzt, sie gewürgt und bedroht. Wenn die Frau nicht aufhöre zu schreien, werde er sie umbringen, drohte der 38-Jährige im Alkohol- und Drogenrausch: „Du bist nicht die einzige Schlampe, die ich in irgendeinem Weiher versenke.“
Etwa eine Stunde lang musste die Frau ein Martyrium über sich ergehen lassen. Dann flüchtete sie aus der Wohnung, hatte aber immer noch Todesangst.
Täter und Opfer kannten sich seit Jahren, sie hatten aber nie eine Beziehung. Deshalb dachte sich die 28-Jährige auch nichts dabei, als sie sich an jenem Abend alleine mit dem Angeklagten in dessen Wohnung aufhielt, nachdem andere Freunde gegangen waren. Unvermittelt forderte der Mann sie zu sexuellen Handlungen auf.
Aussage unter Tränen
Die Frau schilderte in der Gerichtsverhandlung: „Er hat irgendwie gegrinst und doch einen ernsten Gesichtsausdruck gehabt.“Sie habe in dem betrunkenen und unter Drogen stehenden Peiniger einen „Psycho“gesehen. Auf ihre Bemerkung: „Hör auf, wir sind doch Freunde“habe er nicht reagiert, sondern „sein Ding durchgezogen“. Er riss ihr die Kleidung vom Körper, bedrohte und verletzte sie mit einem Taschenmesser. Zudem würgte er die Frau, die vor Gericht unter Tränen sagte: „Ich war kurz vor der Bewusstlosigkeit“. Nach der Vergewaltigung ließ der Täter von seinem Opfer ab und rauchte mit einem zwischenzeitlich gekommenen Freund auf der Terrasse eine Zigarette.
Einige Tage nach der Tat bedrohte der 38-Jährige sein Opfer erneut: „Wenn du weiter so einen Mist über mich erzählst, bringe ich dich um“, soll er zu ihr gesagt haben, um sie einzuschüchtern. „Gott sei Dank“habe sich die Geschädigte davon nicht beeindrucken lassen, sagte der Staatsanwalt. Bei der Polizei zeigte sie den Fall schließlich an – aber erst im Oktober.
Der Angeklagte legte zu Beginn der Verhandlung ein Geständnis ab: „Ich schäme mich in Grund und Boden.“Er sei „peinlich berührt“. Vor der Tat, an die er sich – zumindest teilweise – erinnern könne, habe er Alkohol, Amphetamin und Gras konsumiert. Auch von Ecstasy war die Rede. Zumindest Amphetamin und Alkohol habe er täglich zu sich genommen, manchmal auch Kokain geschnupft oder einen Joint geraucht.
Ihr Leben hat sich verändert
Ohne wirkliche Regung zu zeigen, entschuldigte er sich bei der 28-Jährigen. Diese nahm die Entschuldigung aber nicht an. Nach eigenen Worten leidet sie noch heute unter der Tat. Eine therapeutische Behandlung habe sie aber jetzt nicht mehr weitergeführt: „Ich versuche, dass ich ein Stück weit damit abschließen kann.“Ihr Leben habe sich aber verändert. Sie kämpfe mit Schlafproblemen und nehme Antidepressiva.
Der psychiatrische Gutachter bescheinigte dem Angeklagten eine dissoziale Persönlichkeitsstörung. Wegen seines erheblichen Alkoholund Drogenkonsums sei nicht auszuschließen, dass seine Schuldfähigkeit zur Tatzeit vermindert war.
Der Staatsanwalt forderte sogar eine Freiheitsstrafe von insgesamt neun Jahren. Er nehme dem Angeklagten seine vorgetäuschten Erinnerungslücken nicht ab, erklärte der Nebenklagevertreter KlausDieter Maier. Verteidigerin Isabel Rayer hielt sechs Jahre für ausreichend.
Der Angeklagte habe sein Opfer „über einen längeren Zeitraum misshandelt und einer Todesangst ausgesetzt“, sagte Vorsitzender Richter Gunther Schatz in der Urteilsbegründung.