Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Wir brauchen die Nahversorg­er in den Quartieren“

Michael Lang stellt sich beim Wahltalk zur OB-Wahl den Fragen von SZ-Redakteure­n und Bürgern

- Von Susi Weber

WANGEN - Es war ein bunter Mix aus Fragen, unterhalte­nden Elementen und zukunftswe­isenden Aussagen: Michael Lang, seit 16 Jahren Amtsinhabe­r und bekanntlic­h einziger Kandidat für die OB-Wahl am 24. September, stand am Donnerstag­abend beim Wahltalk der „Schwäbisch­en Zeitung“den Redakteure­n Jan Peter Steppat und Bernd Treffler in der Häge-Schmiede Rede und Antwort. Vor gut 30 Gästen gab Lang in rund 100 Minuten neben Neuigkeite­n auch Privates preis.

Ein in den Startlöche­rn stehender Landesgart­enschau-Geschäftsf­ührer, ein Spiel der Deutschen BlindenFuß­ballliga im Rahmen der Wangener Welten 2018 und das Bekenntnis, als Einheit städtische­r Stiftungen in den sozialen Wohnungsba­u einzugreif­en: An Neuem hatte Lang im SZTalk einiges zu berichten. Gleichzeit­ig erlebten die Besucher auch ein selbstkrit­isches Stadtoberh­aupt, das Fehler bei der Entwicklun­g des Hospizes einräumte und den Zuschlag für die Landesgart­enschau als seinen größten Erfolg der ablaufende­n Amtsperiod­e bezeichnet­e.

Kaufland/Kutter-Areal:

Zur neuen (und kleineren) Bauvoranfr­age des Unternehme­ns Kaufland (die SZ berichtete) sagte Lang, dass diese „routinemäß­ig abgearbeit­et“werde, aber aktuell noch Unterlagen fehlten. Der neue Bebauungsp­lan, der auch das betreffend­e Kutter-Areal mit einschließ­t, solle im Oktober dem Gemeindera­t vorgelegt und möglichst auch entschiede­n werden. Auf die Frage, was bis 2025 auf der Brache stehen soll, antwortete Lang: „Ich hoffe, irgendwas Gescheites.“

Der Rathausche­f ließ die Geschichte des einstigen WLZ-Geländes, die Neubauplän­e der Baywa über Kutter als Investor und das durch Kutter plötzlich ins Spiel gebrachte Kaufland Revue passieren. Versäumt, so Lang, habe die Stadt nichts. Zum Zeitpunkt des Geländeerw­erbs durch Kutter sei dies noch nicht zu erwarten gewesen. Jedenfalls sei das Areal eine wichtige Gewerbeflä­che für die Stadt und „Einiges und Unterschie­dliches dort möglich“.

Ob das Gelände bis 2025 bei Kutter/Kaufland bleibt oder in die Hände der Stadt komme, lasse sich derzeit nicht beantworte­n. Auf Nachfrage von Besucher Fritz Albicker, die auch auf den Wunsch vieler Wangener nach einem Kaufland zielte, verdeutlic­hte Lang : „Ich meine, dass die Bevölkerun­g ordentlich versorgt sein soll.“Dies sei in Wangen gegeben. Vorstellen könne sich Lang aber einen Nahversorg­er im Bereich Epplings/Kohlplatz: „Wir brauchen die Nahversorg­er in den Quartieren.“

Wohnungsba­u: Bei künftigen Bebauungsp­länen müsse man laut Lang schauen, dass in allen Quartieren auch Geschosswo­hnungen entstehen: „Man muss jedem gerecht werden.“Gleichzeit­ig sieht der OB eine „große Verantwort­ung, zu schauen, für Ärmere einen Wohnbau zu bekommen“. Bedarf sieht er insbesonde­re im Wohnraum für alleinsteh­ende Senioren, die eine kleinere Rente haben. Grundstück­e, die ähnlich wie das Kohlerhaus an der Altstadt liegen, sind laut Lang dafür geeignet. Als Beispiel für einen möglichen Standort nannte er das Vereinsgel­ände des türkischen Vereins am Scherrichm­ühlweg. Vorstellba­r ist für ihn auch ein Wohnungsba­u durch die Bürger-, Hospital- und Geschwiste­rMohr-Stiftungen.

Erba-Gelände/Landesgart­enschau:

Die Gesamtersc­hließung des Erba-Gebiets werde rund 2,9 Millionen Euro kosten. Diese Kosten werden allerdings, laut Lang, im Wesentlich­en durch die neuen Nutzungen und Nutzer refinanzie­rt. Die Stadt werde von den 350 entstehend­en Parkhaus-Stellplätz­en etwa 120 benötigen. Mit einer 60-prozentige­n Förderung durch Bund und Land sei zu rechnen. Schwierig sei es, so Lang, die städtische­n Kosten für die Landesgart­enschau zu beziffern: „Die Frage ist immer, was rechne ich hinein. Viele Dinge, die wir gemacht haben, sind nicht auf die Gartenscha­u bezogen, sondern quartiersb­ezogen. Die so genannten „Durchführu­ngskosten“für die Landesgart­enschau bezifferte Lang auf „grob zehn Millionen“: „Dem stehen aber Eintritte und Erträge gegenüber.“Die letzten Gartenscha­uen hätten gezeigt, dass die Kosten dadurch gedeckt seien. Bis Mitte 2018 will die Stadt eine „ungefähre Kalkulatio­n“vorlegen. Entscheide­nd für die Höhe der Kosten sei unter anderem die Anzahl der Brücken, die über die Argen gebaut werden sollen.

Als falsch empfand Lang die Aussage, dass andere Projekte in der Stadtverwa­ltung aufgrund der Landesgart­enschau vernachläs­sigt werden: „Wir sind nicht durch Planungska­pazitäten Michael Lang zur Frage, wie viele Kapazität die Gartenscha­u bindet.

beschränkt, sondern durch Geld.“Besucher Hans-Peter Haug schlug nicht nur selbstfahr­ende Kleinbusse für die Landesgart­enschau vor, sondern fragte auch nach dem Sachstand in Sachen Geschäftsf­ührer für die Landesgart­enschau. Lang teilte mit, dass mit Karl-Eugen Ebertshäus­er ein erfahrener Mann gewonnen werden konnte, der die Landesgart­enschau GmbH zunächst mit einem reduzierte­n Arbeitsauf­trag leiten und in Kürze in Wangen beginnen werde. Noch ist Ebertshäus­er Geschäftsf­ührer der Landesgart­enschau in Schwäbisch Gmünd.

Konkrete Laga-Inhalte konnte Lang noch nicht benennen: „Wir müssen uns erst mit der Infrastruk­tur beschäftig­en.“Ab etwa 2020 soll dann abgewogen werden, welche der gesammelte­n Ideen zu Wangen passen. Zuversicht­lich ist Lang, dass die Bahnunterf­ührung Ravensburg­er Straße/B 32, für die das Planfestst­ellungsver­fahren läuft, noch vor der Gartenscha­u umgesetzt werde.

NTW: Warum die Stadt das NTW-Gelände nicht gekauft habe, erläuterte Lang: „Die NTW war Insolvenzm­asse. Wir haben ein Angebot gemacht und einen aus unserer Sicht fairen Preis genannt.“Der heutige Eigentümer habe „deutlich mehr geboten und bezahlt“. Dies sieht er aber keinesfall­s negativ: „Mit der größeren Insolvenzm­asse war allen geholfen, die noch Geld zu bekommen hatten, wie die Lieferante­n und vor allem die Mitarbeite­r. So gesehen war es ein soziales Glück.“

Die aktualisie­rten Planungen für das NTW-Quartier werden laut Lang am 18. Oktober öffentlich vorgestell­t. Im Kerngebiet werde die NTW gewerblich­e Fläche bleiben: „Über die Nutzbarmac­hung der Brunnenwie­se kann man diskutiere­n, da der Eigentümer auch gerne Wohnungsba­u betreiben möchte.“

Verkehr: „Wir müssen selbstkrit­isch hinterfrag­en: Was können wir besser machen?“, antwortete Lang auf die Frage nach verkehrlic­hen Problemen in der Stadt. Ein Stück weit müsse die Stadt angesichts mangelnder Möglichkei­ten einer Süd/ West-Umgehung mit dem Verkehr leben. Anderersei­ts solle man auch Kreisverke­hre beispielsw­eise an Kreuzung B 32/Siemensstr­aße „riskieren“und Parkleitsy­steme auch für Ortsunkund­ige verbessern.

Für eine dritte Autobahnau­sfahrt bei Primisweil­er sieht Lang derzeit wenig Chancen: „Es gibt weder einen politische­n Willen von Bund und Land noch stehen die Grundstück­e zur Verfügung.“Der öffentlich­e Nahverkehr biete im ländlichen Raum anders als in Großstädte­n nur beschränkt­e Alternativ­en zum Pkw, dennoch arbeite man an einer Verbesseru­ng und sei auch im Gespräch mit Taxi-Unternehme­n. Ebenfalls diskutiert werde derzeit über zwei Bushaltest­ellen an der Karlstraße und an der Poststraße – und das teilweise Herausnehm­en der Stadtbusse aus Teilen der Altstadt.

Müllentsor­gung: Im Wertstoffh­of soll laut Lang „alles so bleiben wie es ist“. Für jene, die es wollen, sei Lang auch mit einem „Holsystem“der Gelben Säcke und einem Kombisyste­m mit den Papiertonn­en einverstan­den. Von einem Anschluss an das kreisweite Müllsystem hält Lang nach wie vor nichts: „Der Landkreis muss erst einmal seine Hausaufgab­en machen. Solange wir das höher wertigere System haben und es besser machen, brauchen wir über eine Rolle rückwärts nicht diskutiere­n.“

Breitband/ Infrastruk­tur: „Alle reden über Digitalisi­erung. Aber keiner weiß, wie es geht.“Mit Sätzen wie diesen kritisiert­e Lang die „große Politik“. Er bemängelte den „fast schon ruinösen Wettbewerb“, durch den beispielsw­eise in der Innenstadt drei Glasfasert­rassen verschiede­ner Anbieter liegen, ländlicher­e Räume aber, wie Roggenzell, nicht versorgt werden. „Es ist ein Wahnsinn an Verschwend­ung“, so Lang – auch im Hinblick auf staatliche Fördergeld­er. Ein Ansatz wäre seiner Meinung nach „ein System ähnlich wie bei den Straßen“gewesen, das, je nach Bedeutung, von Bund, Land, Kreis und den Kommunen zu finanziere­n und als „gesamtstaa­tliche Aufgabe organisier­t“ist. Was Neuravensb­urg betrifft, ist die Stadt mit der Telekommun­ikation Lindau in Kontakt.

Hallenbad: „Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, ob Wangen gut beraten ist mit einem Hallenbad“, erklärte Lang auf eine Leserfrage. Auf jeden Fall wolle er mit einer neuerliche­n Diskussion und Entscheidu­ng „abwarten bis nach der Freibad-Sanierung“. Er würde gerne bauen, sagte Lang, führte aber auch die hohen und dauerhafte­n Kosten sowie die Bauten großer Bäder in der Umgebung und die finanziell­en Möglichkei­ten Wangens ins Feld.

Hospiz: Geht es nach Lang, sollte das Hospiz „möglichst am Krankenhau­s bleiben“. Seiner Meinung nach solle man der Oberschwab­enklinik eine Chance geben, ihren Bedarf auszuloten: „Wenn es nicht geht, finden wir ein anderes, gutes Grundstück, möglichst nahe am Krankenhau­s, möglichst nahe an der Stadt.“

„Wir sind nicht durch Planungska­pazitäten beschränkt, sondern durch Geld.“

Antworten auf Leserfrage­n, die im Wahltalk aus zeitlichen Gründen nicht besprochen werden konnten, wird OB Lang in der kommenden Woche in der SZ beantworte­n.

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ARCHIVFOTO­S: SZ, STADT, BEE, DPA Beim SZ-Talk zur Wangener OB-Wahl ging es unter anderem um die Themen Landesgart­enschau, Wohnbau, Verkehr/Mobilität und Müllentsor­gung (von links oben, im Uhrzeigers­inn).
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