„Vetternwirtschaft“führt zu Tumulten
SZ-Serie zur „Blickpunkte-Ausstellung“im Stadtmuseum – Heute: 1717 – Stadtfrieden
WANGEN (sz) - Wangen blickt dieses Jahr auf einige Jahrhundertjubiläen seiner Geschichte zurück. Als „Blickpunkte“sind sie noch bis Ende Oktober in einer Ausstellung im Stadtmuseum zu einer Gesamtschau zusammengeführt. Nachdem über einige dieser prägenden Ereignisse der Stadtgeschichte bereits ausführlich berichtet wurde, veröffentlicht die SZ in einer kleinen Serie weitere Wangener „Blickpunkte“aus den 17er-Jahren mit Texten aus dem Stadtarchiv. Heute: 1717 – der Stadtfrieden.
Aufgrund von „Vetternwirtschaft“in den führenden Ämtern der Stadt und einer ungleichen Verteilung der Kriegslasten kam es in Wangen zu einer Ära erbitterter innerstädtischer Streitigkeiten. Sie begannen 1678 und konnten erst 1717 definitiv beendet werden, dauerten also rund 40 Jahre. Im Detail waren die Auseinandersetzungen von einem Kleingeist erfüllt, der so nur in der Enge eines überschaubaren Stadtstaates entstehen konnte. Alle durch kaiserliche Kommissionen ausgehandelten Vergleiche wurden wieder Makulatur, so auch der des Jahres 1705. Die alten Streitigkeiten fokussierten sich zuletzt auf einen Zweikampf zwischen Bürgermeister Dr. Johann Jakob Mauch und Bürgermeister Franz Scherer. Mauch war ein Bruder des Weißenauer Abts Leopold Mauch und brachte sich mit seinem selbstherrlichen Wesen eine große Gegnerschaft im Rat ein.
1712 war die Stimmung in der Stadt so erregt, dass es zu größeren Tumulten kam. 1714 befahl der Konstanzer Bischof mit einer geharnischten Ermahnung, den aufrührerischen Elementen den Prozess zu machen. Gleichzeitig besserte sich heute faszinierende Einblicke in die Kulturlandschaft vor 400 Jahren. Bestandteil dieser SZ-Serie sind deshalb nur die Blickpunkte 1517 (Reformation), 1717 (Stadtfrieden) und 1817 (Erntefest). Die Ausstellung in der Eselmühle läuft noch bis zum 31. Oktober: dienstags bis freitags (14-17 Uhr), samstags (11-17 Uhr) und sonntags (14-17 Uhr). (sz) mit dem Ende des Spanischen Erbfolgekriegs die wirtschaftliche Lage der Bürger. Ein kaiserlicher Schiedsspruch setzte am 28. Juli 1717 den endgültigen Schlussstrich unter den Stadtstreit. Dessen feierliche Entgegennahme erfolgte auf dem damaligen Marktplatz in der Herrenstraße. Die Bürger mussten hierzu ohne „Wehr" erscheinen, das heißt, sie durften ihre Degen nicht mitführen.
Das Jahr 1717 markiert also den Aufbruch in friedlichere Zeiten. Der Neubeginn manifestiert sich in der Schaffung des heutigen Marktplatzes und im Neubau der barocken Rathausfassade mit dem sinnfälligen Figurenprogramm der vier Kardinaltugenden. In der Tat flossen die nächsten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts ruhig und behäbig dahin.
An den Wangener Streit erinnerte noch lange eine Strophe im Volksliedgut des ausgehenden 18. Jahrhunderts, wo es heißt: „Hat Wangen Fried und Ruh, so hat‘s die ganze Welt!“