Leutkirchs Lutherglocke ist gegossen
Eine Gruppe der Evangelischen Kirchengemeinde fuhr eigens zum Guss nach Karlsruhe
LEUTKIRCH - „Fest gemauert in der Erden, steht die Form, aus Lehm gebrannt …“Friedrich Schillers „Lied von der Glocke“hat einen ganz besonderen Ausflug der Evangelischen Kirchengemeinde am Freitag begleitet: Es ging in die Glockengießerei Bachert nach Karlsruhe, wo unter den aufmerksamen Augen der 27 Gäste inklusive Stifter aus dem Allgäu die neue Glocke für die Dreifaltigkeitskirche gegossen wurde. Erst in rund 14 Tagen steht das Ergebnis fest. Dann wird die Glocke, deren Rohmaterial 1400 Kilogramm wog, aus der Grube gehoben und getestet. Dabei muss ein klares „D“erklingen.
Wenn alles klappt, kann die Evangelische Kirchengemeinde zum Festgottesdienst am 31. Oktober die Glocke begrüßen. Passend zum 500Jahr-Jubiläum der Reformation zeigt sie auf der einen Seite die Lutherrose und die Aufschrift „Ein feste Burg ist unser Gott“, auf der anderen Seite sind die Familie Gerhard Stör als Stifter sowie das Reformationsjahr 2017 und die Evangelische Kirchengemeinde Leutkirch eingeprägt.
Die neue komplettiert dann wieder das Geläut mit fünf Glocken, denn im Rahmen der Turmsanierung musste das Taufglöckchen abgehängt werden. Wie Messungen ergaben, hatte ausgerechnet die kleinste Glocke mit ihren Schwingungen dem Mauerwerk besonders stark zugesetzt. So reifte die Idee, eine große Glocke mit einem tiefen, sonoren Klang anzuschaffen.
Allerdings war die Finanzierung mit vielen Fragezeichen versehen. Da der Kostenvoranschlag für die Turmsanierung mit dem dringend erforderlichen Ausbau des untauglichen Metallglockenstuhls aus den 1970er-Jahren und dem Einbau eines Glockenstuhls aus Eiche schon bei rund 400 000 Euro lag, wäre wohl die Anschaffung einer neuen Glocke zumindest verschoben worden. Mit Gerhard und Edeltraud Stör – die Familie Stör ist schon seit Generationen mit der Evangelischen Kirchengemeinde eng verbunden – fanden sich dann allerdings großzügige Stifter. Ihnen war es ein Herzensanliegen, einen Beitrag zu einem harmonischen Glockengeläut zu leisten. Außerdem sollte sie dem Reformationsjubiläum entsprechend künstlerisch gestaltet sein.
Bronze muss gekocht werden
Nach langer Vorplanung stand dann endlich am Freitag um 15 Uhr der Glockenguss auf dem Terminkalender. Wochentag und Uhrzeit waren dabei nicht rein zufällig gewählt, wie Firmenchefin Christine Bachert in Karlsruhe vor dem besonderen Ereignis erläuterte: Es sind Sterbetag und Sterbestunde Jesu, die fromme Handwerksmeister traditionell für ihren Glockenguss wählen. So wie Jesu nach dem Tode auferstand und den Menschen neue Hoffnung schenkte, so werde das tote Material verwandelt in eine Glocke mit einem Klang, der die Menschen berühre.
Zahlreiche Gießerei-Besucher
Neben der Leutkircher werden noch zwei Glocken für Ammerbuch-Entringen und zwei für Großdalzig in Sachsen gegossen. Dann gibt Firmenchef Albert Bachert das Zeichen für den Anstich, und die rotglühende Masse ergießt sich über die gemauerten Kanäle zu der ersten Glocke. Gewaltige Dampfwolken steigen auf, und über den Windpfeifen tanzen die Flammen. Dann geht es zur zweiten, der Leutkircher Glocke. Alles läuft nach Plan. Die feurige Bronze findet ihren Weg von Glockenform zu Glockenform.
Dann ist der Guss beendet. Es werden Fürbitten und ein Vaterunser gebetet. „Nun danket alle Gott“, singen die Gäste auswendig und signalisieren, welch große Bedeutung Glocken für das geistlich-religiöse Leben haben.